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2. Zur spanischen Literatur. 283
wandte, die als Kammerfrau bei Hofe dient,
kurzweg eine königliche Begnadigung für die
Nänderin und Mörderin erwirkt, worauf sie denn
ohne Umstände ihren gerechtfertigten Liebhaber
I,eiratel^ eine allelhuchste Klemenz, an der nie»
nunid einstand genoinmeii zu haben scheint, Nie
Idee des Spieles ist in allen diesen Stücken uor-
Ner Grundgedanke des Stückes ist sehr gut,
Graf Anselmo von Barcelona besitzt das Land,
nachdem die rechtmäßigen.verren aus der Familie
Moncada uon seinen Vorfahren vertrieben
worden sind, ObZleich Nugero, der letzte Spröß-
ling der abgesetzten Herrscherfamilie, rnlng ans
ein paar hnfen Landes lebt, die ihm geblieben,
läßt dem Grafen Anselmo der Gedanke keine
Nuhe, daß jener denn doch Absichten zur Wieder»
gewiuuung des Landes hegen könne, uud er
zieht daher fo viele Erkundigungen ein, sendet
so oft Spione, ihn auszuforschen, daß in diesem
endlich wirtlich Pläne wach werden, auf die er
früher nicht gedacht, Ja als er ihn endlich ge-
fangen fetzen läßt, spricht er wieder feiner
Tochter so viel von dein Prätendenten vor, ver-
größert die Gefahr fo fehr durch das Anpreisen
Auofülnnng dleidt aber hinter dem Gedanken
weit zurück, indem sie nichts als ein Abspinnen
ist, ?>e Tochter des Grafen befreit den Ge-
fangenen, Tiefer findet eine Königin von Sizi-
lien, die eben anf einem anderweitigen Kriegs-
zuge begriffen ist. Sie setzt ihn auch wirtlich
mit Gewalt der Waffen in das Neich seiner
^äter ein, und obwohl der Preis des Beistandes
die >>ind des neuen Grafen sein soll, so findet
sich dock) diese Heirat zuletzt unmöglich, Nugero
hat nämlich die Hilfe als sein eigener Gesandter
MännerUeidcrn seine Rolle als wirklicher Thron-
bewerber spielt, Zwei Weiber können sich nicht
heiraten, Tie Königin von Sizilien ist daher
't und die ,^aud Estelas erhält,
einzige 3v»e erbebt fich über das
kleidet selbst ius Gebirge, Mit einer Uimirmnng
von ihr Abschied nehmend, fühlt er, daß sie ein
^ech sei, Sie. gibt sich auch als solches, ja end-
lich als seine Mnhme Estela zu erkennen, be-
gehrt aber Achtung für ihr Geschlecht und die
Eius>im!eit des Ortes, worauf er sich denn auch
bescheiden zun^ieiu. Nun wird sie aber gar
nicht fertig, Abfchied uon ihm zu nehmen,
woraus man merkt, daß der Mißbrauch, den sie
fich verbeten, ihr eigentlich nicht gar so unan- genehm gewefen wäre. Als er endlich Anstalt
macht, ihr zu folgen, nieint fie, die Gelegenheit
fei versäumt, und entfernt fich vollends. Auch
hier ist ein äesperwi- ü yuieu äuerm«: das Sinn«
liche der Leidenschaft,
I.U8 lerla» äs 2l»<Iri<I.
Eine lebendige und höchst ergötzliche Zu-
sammenstellung von Volksszencn, die ihren An<
laß in dem Jahrmarkt von Madrid haben, Tie
Stutzer einer gewissen Klasse, vereinigen sich zu
einem Ballspiel von Witz und Leichtfertigkeit,
Ans diesem bewegten Element taucht eine ein»
zelne Verwickelung empor, die anch von Shake-
speare und Molisre benutzte Geschichte eines
Liebhabers, der sein Abenteuer und seine Er-
den ei nicht kennt. Daß Shakespeares Weiber
Uon Windsor eines seiner schwächsten Stücke sei,
gibt jedermann zu. Bei Moliöre macht diese
falsche Vertraulichkeit den einzigen Inhalt des
Stückes aus, wodurch das Ganze etwas ein-
dcm bunten Stoffe der Volksbelustigung, ist es
uon äußerst angenehmer Wirkung, Eine Zutat,
die den Wert einer Hauptsache hat; das Absurde
übrigens, das Lope de Vega immer auf dem
Fuße folgt, geht auch hier uicht leer aus, Ner
betrogene Gatte ruft endlich den Vater seiner
Frau als Zeugen ihrer Vcrirrungen herbei,
zu stark, daß der Geprellte seine gekränkte Ehre
durchaus durch den Tod der Schuldigen rächen
will, und streckt den armen Teufel durch einen
herzhaften Degenstoß maufctot znr Erde, Tiefe
blutige Entwickelung der komischen Geschichte
junge Witwe, die unseres Wissens uon ihrem
Gatten nur ein paar verdiente' Maulschellen zn
leiden hatte, tröstet sich augenblicklich über die
„verlorene Gesellschaft" und verspricht den: Lieb-
Ü1 8nuto ue^r« Itoxnmduco.
Tie Geschichte eines Negers, der, als Kor-
sarcnkaftitan gefangen, durch den Anblick eines
Wunders zum Christentum bekehrt wird und
als ein Heiliger stirbt, Ter erste Akt, wie es
bei Lope de Vega öfter der Fall ist, weit sorg-
fältigcr ausgearbeitet als die übrigen, Ter
Herr, dem der gefangene Korsar als Sklave
gcfchenkt wird, faßt einen entfernten Verdacht
gegen die Treue feiner Frau uud will sie, echt
spanisch, kurzweg umbringen, selbst die Wohltat
der Beichte verweigert er ihr. Endlich gestattet
er ihr doch, sich an die Ttatne des heiligen
Vcnedikt in ihrem Oratorium zu wenden. Sie
wirst sich auf die Knie, uud ihre Unschuld be-
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik