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VI, Biographisches.
Kollowrat gleichfalls hasite, und kurzsichtig ge-
nug war, nur seinen persönlichen Feind Uer«
svottet zn glauben, wo Vaueinfcld das ganze
^„stt',», sei,n'n >,ohen Gönner mit eingeschlossen,
im Auge hatte.
Weit entfernt sei es Uon mir, hier Bauern«
feld anschuldigen zu wollen. Obgleich bei seiner
Verbindung mit Graf Kollowrat er vielleicht
an den späteren Ereignis,»'!, mehr Anteil hatte,
>ch-. ,ch iv^iü und uicllciäit jemals jemand er-
fahren wird. Er hat in vollkommener Unschuld
,iil,iind^t, nur uon einer ihm angeborenen
zappelnden llnrnhe getrieben. So wie es ihm
nls Dichter an Erfindung fehlte, fehlte es il,,»
al> ^i^nsch, ,» dem höheren Bereiche, an eigenen
Gediinlen. Er hnt immer nur mit fremde» ge-
rasselt. Au deu Modeworten zu zweifeln, fiel
,!ün niclil ei,,, sowie es ilnn nicht in den Sinn
elwa^ Übles entstehen könne. Als das »blc
später eintrat, hat er fich allerdings auf eine
>1l'am'>!l,a!.te Ärt dagegen verhärtet, wie später
vortoinnicn wird, da war aber schon ein Grad
ilüi niitcr so viel Aufregungen befiel und selbst
heute ihn nicht ganz verlassen hat. Nicht zu
leugnen ist übrigens, daß schon seit längeren
Zeit seine liebenswürdige Gutmütigkeit einer
halb künstlichen Unverschämtheit Platz gemacht
enüVnttc,
Ich mus; wieder aiii Baucrnfeld znrück-
Imnmcn, ol'wolU ich fülilr, daß ich ihm dadurch
mehr Bedeutung beilege, als er hatte, Er glich
So wie er ,,, d^n iu'lieren Regionen mit Graf
5lol>owrat, >uar er, nur auf eine unendlich
,,,liiere Art nnd seit der Jugendzeit, niit Baron
Dobihoff, dein Vorfechtcr der nicderösterreichi-
^veund nnd Vertrauter, Doblhoff hat zwar
>ic> '^,i nnil, wiederholt feine Mißbilligung Uon
Banernfelds Übertreibungen zu erkennen ae«
felds — damals bereits oberflächlich gewordenen
^- gutmütig,, E!>ara!tev und für dessen i,,,l>>'
stände lvarcn bereits im vollen Gange, es sollten
aber anch noch sonst die Gemüter präpariert
werden. Man verfiel darauf, Abendgesellschaften
bei Baron Toblhoff zn veranstalten, in denen
polinschc, aber auch literarische Gegenstände be-
sorochen werden sollten, in der ostensibel,! Ab-
nä,t, d^r N'irttich gar zu insividcn Wiener-Kon-
v^lsalion c,,,e dessere Nichtung zu geben. Ich
lviildc anch da-,ii grladen, nnd da die meisten
Gäste menu' nalicren Bekannten waren, ging
nl, limge Male hin. Nie Unterhaltung wollte
abl'l ui leinen rechten Gang kommen, aus dem
>>i Grunds weil niemand etwas Beson- deres zu sagen wnßte. Unter den Anwesenden,
die alle später politische Rollen gespielt haben,
ist mir nur der altere Baron Stifft aufgefallen,
der gnt sprach, weil er offenbar konsequent
dachle, und Graf Thuu, der heutige Kultus-
audcrcn vorgebrachten schwankenden Phrasen auf
eine Präzise Gcltnng zu bringen. Mit Inneren,
bin ich ein Jahr später ll8i?) auf den, Winzer
erinnere mich, ihm damals gesagt zu haben,
daß er mir ganz zu einem Tcputicrten auf einen,
Reichstage gemacht scheine, wobei wir beide leine
Ahnung hatteu, daß ein Reichstag uns so nahe
bevorstand. Überhaupt scheint Graf Thun ein
vortrefflicher Mensch, dem anch die Gemüts^cite
die lschcchische Nationalität in Schutz genommen,
welche Nationalität nur dcu Fehler hat, daß sie
keine ist, so wie die Tschechen keine Nation sind,
sondern ein Voltsstamin nnd ihre Sprache nicht
mehr und nicht weniger als ein Dialekt, Am,)
trefflichen Manne nicht srcind zu seiu,
Tic Gesellschaft bei Toblhosf bestaud teils
sehr erbaut schienen, teils aus Mitgliedern drs
politisch-juridischen Lcscvcrcinsi letztere von den
Nies/murtschritten der Welt und besonders
Teutschlands in den letzten zwanzig Jahren
innigst überzeugt nnd ihrer Überzeugung durch
kurzem durch junge strebende Männer aus den
beiden genannten Fächern gegründet worden,
Graf Scdlnitzky, dem wenigstens die Nase des
Spürhunds nicht fehlte, wollte durchaus seine
Einwilligung nicht geben. Aber der überzuckerte
Graf Kollowrat und selbst Fürst Metternich, der,
Beweise seines liberalen Sinnes in die Welt zu
schicken — der allenfalls den Barrabas freigab,
um Christus kreuzigen zu können — nahmen
sich der Sache an, und diese Pulvermühle für
eine künftige Explosion wurde gegründet,
2)a ich wohl fühle, aus aller Folge heraus»
tätsparoxysmen des Fürsten Mcttcrnich die Rede
ist, will ich die Entstehung der Wiener Akademie
der Wissenschaften hierher setzen, und zwar um
andern Ort für fie weiß. Diese Akademie der
Wissenschaften ist eigentlich uon den galizischen
Bauern gegründet worden, Tamit verhielt es sich
so: Baron Hammer hatte, wahrscheinlich aus
Eitelkeit, Präsident ei-ner Akademie zu heißen,
seit lange alles in Bewegung gesetzt, um eine solche
in Wien zustande zu bringen. Man war jedoch
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band II
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- II
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.2 x 15.9 cm
- Seiten
- 552
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik