Notiz 067: So ein Theater!#
(Hart am Wind: ÜBÜ)#
von Martin KruscheTheater bedeutet nicht bloß, daß Worte im Raum bestehen müssen. Die Körper sprechen. Licht präzisiert, was entweder mit Mitteln von Architektur und Malerei ausgeführt oder konzeptionell verschwiegen wird. Klang spielt seine Rolle etc. Das ist nur schwer archivierbar, wenn man davon absieht, was Film etwas davon fassen kann. Das ist bezüglich internetgestützter Telepräsenz noch wenig ausgelotet. Das hat bisher kaum Beispiele, wie es sich aus dem Realraum mit einer eigenen Erzählebene ins Web erweitern mag.
Man kann als Autor nur begrenzt ausloten, was ich „Mein kühles Extrazimmer“ nenne. Das ist ein virtueller Raum, der sich hinter realer sozialer Begegnung auftut. Und wäre ich ein Dramatiker, die Sache hätte dadurch noch nicht viel gewonnen. Ich bin also für manche Fragen auf die Kompetenzen aus anderen Genres angewiesen.
Nun zeichnet sich hier eine sehr interessante Option ab. Mit der neuen Applikation von Informatiker Hermann Maurer habe ich ein technisches Mittel an der Hand, das Hypertext auf der Höhe der Zeit umsetzbar macht. Diese international mit anderen Systemen kompatible Anordnung braucht aber nun Kräfte mit entsprechenden Erfahrungen, welche über das Digitalisieren von Text, Musik und Bildern hinausreichen.
Vater und Mutter Übü haben sind bereit, sich uns auf einer Quest anzuschließen, auf einer Abenteuerreise zum Erkenntnisgewinn, die zwischen Realraum und Cyberspace angelegt wird. Das bedeutet, Franz Blauensteiner und Rezka Kanzian kommen nicht bloß mit ihren Schauspielerfahrungen ins Boot.
Es ist auch ihre Vertrautheit mit der „Pataphysik“ und den Konsequenzen des Theaterstückes „Ubu roi“ (Alfred Jarry), die eine Dimension in unsere Suche einbringen, mit der wir von der Rationalität Anstand gewinnen können, um so auch andere Erkenntnismöglichkeiten aufzumachen. Dazu kommt, daß Kanzian überdies eine versierte Lyrikerin ist, also mit der Konzentration auf Form und Rhythmus vertraut.
Die aktuelle Aufstellung#
Welches Setting haben wir im Moment? Ich bin als Autor mit Text und auch mit Fragen der Konzeptkunst erfahren. Dabei stehen mir der Informatiker Hermann Maurer und der Musiker Oliver Mally gegenüber. Nun erweitert sich das Set um Blauensteiner und Kanzian, was bedeutet: der Bogen verfügbarer Kompetenzen für die Erkundung einer internetgestützten Hypertext-Anordnung gewinnt an Tiefe, da zum Beispiel Mally jemand ist, der als Künstler ganz speziell Kleinkunstformate bevorzugt.Das bedeutet, auch in seinem Fall spielen der Raum und das Verhältnis zum Publikum eine markante Rolle, die freilich ganz anderer Art ist als jene des Schauspiel-Duos. Diese Zusammenhänge sind wichtig, weil der Begriff „Virtueller Raum“ keine zufällige Wortschöpfung ist. Was nun aber Raum ist und wie wir für adäquate Räume sorgen, wäre schon die nächste Frage, zu der ich mich im Sachbereich Architektur noch umsehen werde.
Wo sind wir, wenn wir überall sind?#
Durch diese Webstützung und das weltumspannende Netz, durch diese technische Info-Sphäre, die uns umgibt, bleibt immer noch zu fragen: Wo sind wir, wenn wir überall sind? So formieren wir nun modulhaft einzelne Kompetenzfelder, die vom Realraum (in realer sozialer Begegnung) ausgehen und über eine spezielle technische Lösung ins Web Erweiterung bekommen.Das stützt sich auf völlig autonome Sektoren, was bedeutet, die beteiligten Kräfte entwickeln ihren Part selbstbestimmt aus den jeweils eigenen Arbeitssituationen heraus. Über diese Eigenständigkeit erfolgen dann Inputs für das Projekt, und zwar gemäß den dort präzisierten Fragen. (Der Fragenkatalog wird erst erarbeitet.) Welches Projekt? Der Arbeitstitel des Vorhabens lautet „Hart am Wind“ (Das Buch der Wendungen).
Die Umsetzung im Bereich Netzkultur wird mit einer Technologie namens NID erfolgen. Das bedeutet: „Networked Interactive Digital Material“. Zum größeren Zusammenhang des Vorhabens siehe das aktuelle Feature bei „The Long Distance Howl“.
- Hart am Wind (Das Buch der Wendungen)
- Im Rahmen von The Long Distance Howl (Startseite)