Alarmismus#
H. Maurer, Jänner 2022
Zusammenfassung#
Der Begriff Alarmismus ist eine direkte Übersetzung des englischen Ausdrucks „alarmism“, über den es schon viel Literatur und Bücher gibt, etwa <1>, <2>, <3>,<4>, usw. Vielleicht wäre der Ausdruck „Aktionismus“ fast besser, scheint sich aber nicht durchzusetzen. Die Grundidee ist, dass sich die Politik auf Grund von Medienberichten gefordert fühlt, sofort zu reagieren, auch wenn die Reaktionen, weil sie ohne Zeit für gründliche Analysen erfolgen, oft kontraproduktiv sind.Einleitung#
Der typische und oft nicht befriedigende Ablauf einer durch Alarmismus entstehenden Entwicklung ist dieser: Ein oder mehrere Zwischenfälle oder Aussagen sind so sensationell, dass die Medien darüber reißerisch berichten. Die Politiker fühlen sich gezwungen sehr rasch zu reagieren, um zu beweisen, dass sie aktiv sind. Dabei ist die Klugheit der von Politkeren veranlassten Maßnahmen für die Politiker an sich nicht so wichtig: es geht hauptsächlich darum, zu zeigen, dass sie aktiv sind. Fallweise erkennen nun Teile der Wirtschaft, dass durch die angekündigten Aktionen kommerziell profitable neue Geschäftsfelder entstehen und unterstützen daher die angekündigten Vorhaben. Die Öffentlichkeit ist von der Bereitschaft der Politik und Wirtschaft sich zu engagieren angetan und wird dabei von den Medien weiter bestätigt. So können ungewöhnliche, auch große Entwicklungen in Gang gesetzt werden, die leider oft kontraproduktiv sind. Es wäre sinnvoller, zunächst genau zu erforschen, was die beste Vorgangsweise wäre.In diesem Beitrag wird ein typisches Beispiel gezeigt, und dann auf andere kurz hingewiesen, die aber wegen ihrer Komplexität in eigenen Beiträgen behandelt werden.
Ein klassisches Beispiel#
Der Flugverkehr verlief Jahrzehnte ohne unerwartete Bedrohungen. Dann kam es zu einigen Flugzeugabstürzen durch Bomben, sei es durch an Bord geschmuggelte oder durch Selbstmord-Bomber. Der wohl spektakulärste Fall war der Pan Am Flug 103 auf dem Flug von Europa nach Amerika, als am 21. Dezember 1988 gegen 19:00 eine Bombe den Absturz der Boeing747-121 über dem schottischen Lockerbie verursachte. Alle 234 Passagiere und die gesamte 16-köpfige Besatzung wurden sofort getötet. Der Ruf nach erhöhter Sicherheit wurde von den Regierungen sofort erfüllt, indem man eine genaue Kontrolle aller Passagiere und ihrer Gepäckstücke vor dem Einsteigen in ein Flugzeug anordnete.Einige Firmen erkannten die möglichen wirtschaftlichen Folgen: Man würde so für die Flughäfen der Welt zig-tausende Durchleuchtungsgeräte, mit laufender Wartung und Bedienung, usw. verkaufen können.Die Bevölkerung war beruhigt, die Medien berichteten zufriedengestellt.
So hat sich bei uns allen die Idee festgesetzt, dass durch diese Kontrollen unser Leben sicherer geworden ist. Tatsächlich ist das ein Irrglaube: Wenn irgendwer wahllos hunderte Menschen töten will, steigt er z.B. mit einer Bombe im Koffer in einen Zug nach Wien ein und ohne Koffer wieder aus, und stellt die Uhr für die Explosion so ein, dass sie an einer kritischen Stelle (Tunnel, Brücke, Gegenzug,..) erfolgt. Damit werden viele Menschen getötet, und Schienenverkehr ist vielleicht wochenlang unterbrochen.
Wie viele Eisenbahnstationen in Europa machen Bombenkontrollen??? Fast keine. Eine Bombe in einem Bus, die währen der Überquerung einer großen Straßenbrücke explodiert kann ähnlich viele Menschenopfer und Schäden verursachen, eine Explosion bei einer Großveranstaltung oder in einer Menschansammlung vielleicht auch, wie wir es ja von diversen Bombenattentaten in vielen Teilen der Welt kennen.
Insofern sind die Kontrollen auf den Flughäfen nur eine relativ unbedeutende Beruhigungspille, sodass entschlossene verrückte Attentäter eben auf andere Ziele ausgewichen sind. Gäbe es zu Kontrolle an den Flughäfen Alternativen, die auch andere Anschläge schwieriger machen könnten? Vielleicht wäre es mit großem Aufwand möglich, das Herankommen an (Spreng)mittel für den Bau mächtiger Bomben sehr zu erschweren?
Andere Beispiele#
Aus der Unzahl von solchen seien hier nur einige angerissen, auf die ich beabsichtige, in eigenen Beiträgen zurückzukommen. Es ist zunehmend vielen Personen aufgefallen, dass mehr CO2 zu einer Erhöhung der Temperaturen führt. Medienberichte haben zu Alarmismus und dazu geführt, dass CO2-Ausstoß mit allen Mitteln verhindert werden muss, obwohl es nicht geklärt ist, dass CO2 der einzige Grund für die Erwärmung ist und es andererseits auch andere Möglichkeiten gibt, mit CO2 umzugehen. Der Kampf gegen CO2 hat zu vielen weiteren alarmistischen Aktionen geführt: Etwa zum Versuch, Autos auf Elektroantrieb umzustellen, ohne andere Alternativen, die vielleicht besser wären, zu berücksichtigen; oder zu den Diskussionen zum Klimawandel, die sich immer mehr von Diskussionen über eine mögliche Klimakrise zu einer Klimapanik entwickelt haben, die in allen Büchern im Literaturverzeichnis als ungerechtfertigt nachgewiesen wird. Dabei zeichnet sich wie bei Corona die Entstehung völlig gegensätzlicher und unversöhnlicher Lager ab, siehe etwa <5>, wo der Treibhauseffekt (den man vermutlich wirklich anders nennen sollte) genauso lächerlich gemacht wird wie in <6>.Man kann auch vertreten, dass die Entscheidung Merkels nach dem Zwischenfall in Fukushima alle Kernkraftwerke in Deutschland stillzulegen, auch eine alarmistische Entscheidung gewesen ist. Da über Atomkraft zurzeit viel gesprochen wird, und aus meiner Sicht oft zu kurzsichtig, habe ich dazu einen hoffentlich objektiven Bericht verfasst.
Aber viele andere Themen verdienen ebenso große Beachtung: Wie die Größe der Erdbevölkerung, die Luftqualität, zukünftige Mobilität, Probleme mit dem Internet, das Vernichten großer Flächen durch Bauwerke, wozu leider auch großflächige Solaranlagen und Windräder gehören, Klimawandel, usw.
Schlussbemerkung#
In diesem kurzen Beitrag wurde erklärt, was Alarmismus ist, und warum er so gefährlich ist. Die Hauptlektion sollte sein, und wird auch in anderen Beiträgen untermauert werden: Wenn irgendwo große Probleme auftauchen, dann sollte man diese nicht sofort mit vielleicht ungeeigneten Methoden bekämpfen, sondern (a) nur solche Maßnahmen setzen, die sicher richtig sind und (b) mindestens so viel Aufwand in Innovation und Forschung stecken, um die wahren Gründe für die Probleme und vor allem wirklich sinnvolle Lösungen ans Licht zu bringen.Literturangaben:#
<1> Unsettled; von Steven E. Koonin, Bren Bella Books, Dallas, 2021; 306 Seiten. Buchbesprechung<2> Apocalypse Never; von Michael Shellenberger, Harper Collins, New York, 2020; 415 Seiten. Buchbesprechung
<3> False Alarm; Bjorn Lonmborg, Basic Book, New York, 2020; 307 Seiten. Buchbesprechung
<4> Fehlalarm; von Leopold Stummer,Seifert Verlag, Wien, 2021; 329 Seiten
<5> Die Treibhaushypothese; von Michael Limburg, tredition GmH, Hamburg, 2021; 105 Seiten
<6> Klimawandel; von Werner Kirstein; OSIRIS, Schönberg/D, 2020; 209 Seiten. Buchbesprechung
Diskussion#
Frage_1: Stammt die Idee des "Alarmismus" vom Autor des Dokuments?
Zur Frage_1: Ich wäre stolz darauf, wenn es so wäre. Aber der Begriff taucht in verschiedenen Publikationen auf, auch in dem Buch von M. Shellenberger, "Apocalypse Never" das nämlich schon den Untertitel hat: "Why enironmental Alarmismus hurts us all"... nämlich weil durch Alarmismus eben oft zu schnell schlecht fundierte Entscheidungen getroffen werden, statt dass man zunächst (oder zumindest auch) das Problem genauer analysiert. Das wird in einigen Dokumenten nochmals angesprochen, etwa im Dokument "Klimawandel".
Manfred: War die Reaktion auf Corona in Österreich auch Alarmismus?
Andreas: Manfred, ich verstehe die Frage nicht. Wir alle wissen, dass verschiedene Länder sehr verschieden auf Corona reagiert haben. Wenn man die sofortigen radikalen Massnahmen von China betrachtet, die sofort eine ganze Stadt einen massiven Lockdown versetzt ahbe, dann könnte man das alarmisitsch nennen, wäre nicht Isolation von Kranken schon seit hunderten Jahren eine anerkannte sinnvolle Reaktion auf Seuchen.
Christian: Es ist schon seit geraumer Zeit in den sogenannten liberalen Demokratien üblich, von Seiten der Regierungen durch die Produktion von Sicherheitsgefühl zu versuchen, das Vertrauen der Bevölkerungen zu bewahren oder zu erlangen. Da geht es nicht um wirkliche Sicherheit im alltäglichen Leben - wie wäre die auch zu gewährleisten bei all den Bedrohungsszenarien, die uns umgeben? Es geht darum, dass das Vertrauen der Menschen durch die Vermittlung eines Gefühls von Sicherheit erlangt wird. Und wenn das Vertrauen ausbleibt, dann kann ein bisschen Alarmismus die Ängste so nachhaltig schüren, dass alle möglichen Praktiken und Maßnahmen geduldet und werden und dass die Menschen sozusagen unter Hinweis auf den angeblich wahren Feind bei der Fahnenstange gehalten werden. Für die Politik ist Alarmismus in den richtigen Dosen nicht unpraktisch, und die Medien ziehen gerne mit. Was aber geschieht, wenn es eine Prise zu viel war und immer mehr Menschen der Obrigkeit nicht mehr glauben? - Diese Frage könnte man am Beispiel Corona genauso durchdeklinieren wie am Beispiel Terrorangst oder am Beispiel militärische Bedrohung aus dem Osten - aber bitte ohne Abgleiten in Verschwörungstheorien.
Feedback: I think that every major event has its own time scale that has to be respected. Some events give an individual or a society enough time to consider the most appropriate action in leisure, others require a quick reaction. The human mind is rather well equipped for these diverse situations (see Kahneman: Thinking fast and slow) and I think that a similar approach needs to be considered and respected on societal levels. Consequently, I don't think that there is a single answer as to what does and what does not constitute alarmism. In addition, even long slow thinking does not guarantee a good solution. And what is the most irking point is that different people may or may not consider an event to be a problem (e.g., climate change or Covid) and consequently question any attempt at a solution either alarmism or the opposite - the lack of appropriate attention.
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