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87Einleitung
Grundprinzipien schützen
Es ist wichtig zu unterstreichen, dass der heutige inter
nationale Bildungsdiskurs das
Potenzial in sich birgt, jene Grundprinzipien zu untergraben, die die internationale
und nationale Bildungspolitik und Bildungspraxis bisher geprägt haben. Tatsächlich
kon zentriert sich der heutige internationale Bildungsdiskurs, der mit Begriffen des
Lernens operiert, im Wesentlichen auf die Ergebnisse von Bildungsprozessen und
tendiert dazu, den Prozess des Lernens zu vernachlässigen. Durch die Ausrichtung
auf Ergebnisse, orientiert er sich im Wesentlichen an den Lernleistungen154: das
heisst an dem Wissen und den Fertigkeiten, die sich am leichtesten messen lassen.
Dadurch vernachlässigt er tendenziell ein weit breiteres Spektrum von Ergebnissen
des Lernens – zu denen Wissen, Fertigkeiten, Werte und Haltungen gehören –, die für
die Entwicklung des Einzelnen und der Gesellschaft als wichtig zu erachten sind. Das
geschieht einfach deshalb, weil sie sich nicht (leicht) messen lassen. Weiter wird das
Lernen als individueller Prozess der Kompetenzaneignung gesehen, und die Fragen
nach dem Zweck der Bildung oder der Organisation der Lernangebote als kollektives,
soziales Unterfangen erhalten wenig Aufmerksamkeit. Der Diskurs untergräbt damit
potenziell das Prinzip der Bildung als Gemeingut.
Aufgaben und Verantwortlichkeiten bei der Regulierung
von Gemeingüter
Angeregt durch die Werte der Solidarität und sozialen Gerechtigkeit, die in unserem
allgemeinen Menschsein gründen, hat das Prinzip des Rechts auf Wissen und
Bildung als globale Gemeingüter Konsequenzen für die Aufgaben und Pflichten der
verschiedenen «Stakeholder» im kollektiven Streben nach nachhaltiger und inklusiver
menschlicher und sozialer Entwicklung.
# Aufwertung der Rolle der Zivilgesellschaft und anderer Partner
Im heutigen Kontext ist entscheidend, dass wir der Zivilgesellschaft im Rahmen
der Bildung eine wichtigere und explizitere Rolle zukommen lassen. Den ge
gen-
wärtigen Trends hin zu einem verstärkten Warencharakter (Kommodifizierung) der
öffentlichen Bildung sollte begegnet werden, indem stärkere Partnerschaften mit
zivilgesellschaftlichen Vereinigungen und Nonprofitorganisationen eingegangen wer-
den. Denn Bildung – mit ihren vielfältigen Funktionen – fällt in der Tat nicht nur in
154 «Learning achievement refers to the actual skills, attitudes, values and level of knowledge acquired
by the individual; it implies some measurement or demonstration that learning has occurred.»
World Conference on Education for All. 1990. Meeting Basic Learning Needs: A vision for the 1990s.
Background Documents. New York, Inter-Agency Commission for the WCEFA.
Bildung überdenken
Ein globales Gemeingut?
- Titel
- Bildung überdenken
- Untertitel
- Ein globales Gemeingut?
- Herausgeber
- Schweizerische UNESCO-Kommission
- Deutsche UNESCO-Kommission
- Österreichische UNESCO-Kommission
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-033-05613-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 96
- Kategorie
- Geisteswissenschaften