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Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
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Digitale Datenbanken142 becomes just one method of accessing data among many« (Manovich 2001: 220). Der Informationsbestand kann darĂŒber hinaus auch als Datenbank zur Erscheinung gebracht werden. Die Möglichkeit, verschiedene Interfaces zu der in der Tiefe des Computers gespeicherten Datenbank zu erstellen, ist nach Ansicht Manovichs ein weiteres Indiz fĂŒr die Depotenzierung der ErzĂ€hlung und den Bedeutungszuwachs der Daten- bank. Sie erscheint als ein Symptom des von Jean-François Lyotard Ende der 1970er Jahre diagnostizierten Abschieds von den großen ErzĂ€hlungen der AufklĂ€rung (2009 [1979]). In Manovichs Text findet sich zwar nur ein beilĂ€ufiger Verweis auf Lyotards Studie zur Postmoderne (vgl. Manovich 2001: 219). Die Beschreibung der Datenbank als Tiefenstruktur digitaler Medien und die hieran anschließende Kon- trastierung von Datenbank und ErzĂ€hlung stĂŒtzt sich jedoch implizit auf Lyotards Charakterisierung des postmodernen Wissens, die von einem anderen Begriff der ErzĂ€hlung ausgeht. Bei den großen ErzĂ€hlungen, deren Ende Lyotard diagnostiziert, handelt es sich nicht um ErzĂ€hlungen im narratologischen Sinn. Vielmehr beschreibt Lyotard hiermit die Delegitimierung legitimierender MetaerzĂ€hlungen.46 An die Stelle des einheitlichen Systems des wissenschaftlichen Wissens tritt in der Post- moderne Lyotard zufolge die Vielfalt verschiedener wissenschaftlicher Sprachspiele. Sofern die großen ErzĂ€hlungen eine vereinheitlichende Macht ausĂŒben, indem Informationen ein fester Platz in einem Wissenssystem zugeschrieben wird, steht die Datenbank fĂŒr das Potenzial, dieselben Informationen auf der Benutzerober- flĂ€che auf verschiedene Weise anzuordnen bzw. erfahrbar zu machen und ihnen hierdurch unterschiedliche Bedeutungen zu geben. Der alles ordnenden Kraft einer großen ErzĂ€hlung stehen bei Manovich die multiplen Verwendungsmöglichkeiten der Datenbank als universaler Tiefenstruktur digitaler Medien gegenĂŒber. Was an der OberflĂ€che zur Erscheinung kommt erweist sich als eine kontingente Überset- zung der in der Datenbank enthaltenen Elemente in eine spezifische Form. Eine other possible trajectories through a database, that is, a particular choice made within a hypernarrative« (Manovich 2001: 217). 46 | Nach Ansicht Lyotards sind in der Postmoderne »Tendenzen zum Niedergang der vereinheitlichenden und legitimierenden Macht der großen Spekulations- und EmanzipationserzĂ€hlungen« (Lyotard 2009 [1979]: 99) zu beobachten. Die durch die großen LegitimationserzĂ€hlungen verbĂŒrgte Einheit des wissenschaftlichen Wis sens wird im Zuge dessen von der PluralitĂ€t wissenschaftlicher Sprachspiele abgelöst: »Man kann aus dieser Zersplitterung (Ă©clatement) einen pessimistischen Eindruck gewinnen: Niemand spricht alle diese Sprachen, sie haben keine universelle Metasprache, der Entwurf des System-Subjekts ist ein Misserfolg, der der Emanzipation hat mit der Wissenschaft nichts zu schaffen, man ist im Positivismus dieser oder jener vereinzelten Erkenntnis verstrickt, die Gelehrten sind Wissenschaftler, die Aufgaben eingeschrĂ€nkter Forschung sind parzellĂ€re Aufgaben geworden, die keiner beherrscht« (Lyotard 2009 [1979]: 105).
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Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Title
Digitale Datenbanken
Subtitle
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Author
Marcus Burkhardt
Publisher
transcript Verlag
Date
2015
Language
German
License
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Size
14.7 x 22.4 cm
Pages
392
Category
Informatik

Table of contents

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen OberflÀche und Tiefe 73
  6. PhÀnomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. SpielrÀume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: BegriffsklÀrung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen fĂŒr DatenunabhĂ€ngigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
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