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Digitale
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sowie der selektiven Ausgabe relevanter Informationen dienen. Den Horizont dieser
filmischen Imagination bildet der abstrakte Informationsbegriff, der sich jedoch
nicht nur in die antizipierten Einsatzmöglichkeiten von Computern einschreibt,
sondern auch in die Entwicklung von partikularen Informationssystemen. Er wird
als technisches ImaginÀres operativ und begleitet die Entwicklung digitaler Daten-
banken, wie auch Haigh in Bezug auf die Computerisierung der institutionellen
Informationsverarbeitung festgestellt hat:
»Die Auffassung, Information sei eine allgemeine GröĂe, die in Maschinen auf-
bewahrt und durch sie verarbeitet wird, dient in all diesen FĂ€llen dazu, die Differenz
zwischen einem sehr breit gefassten menschlichen oder betriebswirtschaftlichen
Informationsbegriff und den viel begrenzteren FĂ€higkeiten spezifischer auto-
matisierter Systeme zu verwischen.« (Haigh 2007: 58f.)
Bemerkenswert ist dies nicht zuletzt, weil die begrenzte LeistungsfÀhigkeit tatsÀch-
licher Informationssysteme hÀufig verdeckt wird, indem man die in diesen Systemen
verwalteten Formen von Information universalisiert. Dies lÀsst sich in den Debatten
um die Einsatzgebiete von DBMS ebenso aufzeigen wie in den neueren Diskussionen
um Data Warehousing, Data Mining, Knowledge Management, Web 2.0, Semantic
Web und Linked Data (vgl. Haigh 2007: 58). Derartige Universalisierungstendenzen
oder »Unifizierungsphantasien« (Winkler 1997a: 55) sind Teil der digitalen
Medienkultur und als solche auf ihre Motive, Mechanismen und Funktionen hin
zu befragen. Zugleich gilt es, die vielfÀltigen und unterschiedlichen Formen der
computertechnischen Verarbeitung von Informationen freizulegen. Zu beschreiben
sind partikulare Software-Hardware-Konfigurationen, die zwar nicht vorschreiben,
welche Informationen in einem Informationssystem verarbeitet werden, aber was
im Kontext eines solchen Systems als Information adressiert werden kann.
Mit der Feststellung, dass sich der abstrakte Informationsbegriff nie in kon-
kreten Technologien realisiert, weil er zu generell und zu unbestimmt ist, soll dessen
historische Bedeutung nicht revidiert werden. Sie erfÀhrt nur eine Korrektur, die
der diskursiven Macht des abstrakten Informationsbegriffs als ein ImaginÀres
Rechnung trĂ€gt, welches gleichermaĂen Wunsch und Versprechen ist. In ihm steckt
immer zu viel und zu wenig zugleich. Zu wenig, weil er im Prozess der technischen
Realisierung stets eine Transformation erfÀhrt. Zu viel, weil die Realisierung von
einem Ăberschuss, einem (uneingelösten) Versprechen begleitet wird, welches
jedoch das technische ImaginÀre speist. Dieses ImaginÀre geht ebenso in die Ent-
wicklung neuer Technologien ein wie es die Erwartungen gegenĂŒber existierenden
Technologien strukturiert. Im abstrakten, reifizierten Informationsbegriff ver-
dichtet sich die Imagination universeller und vollstÀndiger Informationsreservoirs.
Neben den mittels partikularer Computeranwendungen realisierten informa-
tionellen Praktiken gilt es auch die WĂŒnsche und Versprechen zu themati sieren,
welche sich an digitalen Datenbanken re-aktualisieren, obwohl sie durch diese
nicht verwirklicht werden. Es sind nicht nur die digitalen Medientechno logien,
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen OberflÀche und Tiefe 73
- PhÀnomeno-Technische Konfigurationen 75
- SpielrÀume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: BegriffsklÀrung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen fĂŒr DatenunabhĂ€ngigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242