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Digitale
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Floridis. Sie drückt sich in dem fortwährenden Versuch aus, Unterscheidungen
zwischen Perspektiven auf und Typen von Information einzuführen. Hierdurch
erkennt Floridi nicht nur die Heterogenität unterschiedlicher Gebrauchsweisen des
Begriffs an, sondern auch die Legitimität verschiedener theoretischer Zugänge zu
Information. Dies spiegelt sich in seinem Vorschlag wider, Informationstheorien da-
nach zu unterscheiden, auf welchen Typ von Information sie sich beziehen. Er grenzt
drei Arten von Information voneinander ab, die sich durch ein je unterschiedliches
Verhältnis zur Realität auszeichnen: Information als Realität, Information über
Realität sowie Information für Realität (vgl. Floridi 2011: 30).74
Theorien, die Information als Realität thematisieren, interessieren sich für den
Formgehalt oder die Struktur von Dingen, wie z.B. Stühle oder Signalfolgen. Diese
Perspektive bewegt sich nahe an der Bedeutung des lateinischen Wortes informare
(formen, gestalten, herausbilden, darstellen, bilden), von dem der Terminus
Information abgeleitet ist.75 Die Realität beinhaltet diesem Verständnis zufolge
Information, welche es zu beschreiben gilt. Auch die syntaktischen Strukturen
sprachlicher Äußerungen lassen sich in dieser Hinsicht als Information begreifen.
Insofern ist Shannons Mathematische Theorie der Kommunikation eine Theorie
der Information als Realität. Die Betrachtung von Information auf diesem Niveau
erlaubt es Shannon, von der Bedeutung von Nachrichten gänzlich abzusehen.
Die Bedeutungsdimension tritt in denjenigen Ansätzen in den Vordergrund, die
Information als Information über Realität behandeln. Hierbei tritt der Form- res-
pektive Strukturaspekt in den Hintergrund. Zwar setzt Information über Realität
eine Verkörperung als mediale Konstellation voraus, die gleichsam als Information
als Realität behandelt werden kann, aber sie lässt sich nicht auf diese zurückführen.
Information über Realität bringt in der Realität etwas in eine Form, um über etwas
anderes zu informieren. Damit rückt nicht nur die Ebene der Bedeutung ins Zen-
trum des theoretischen Interesses, sondern auch die Frage danach, ob die Sinn-
dimension ausreicht, um Information über Realität hinreichend zu charakterisieren.
Floridi zweifelt dies an, da es seines Erachtens nicht hinreichend ist, Information
über Realität als wohlgeformte und bedeutungstragende Daten zu definieren. Er
plädiert daher für die Erweiterung der Definition um ein Wahrheitskriterium. Nicht
jeder sinnvolle Satz enthält, gemäß seiner Kernthese, Informationen über Realität,
sondern nur solche, die auch wahr sind (vgl. Floridi 2011: 80ff.).76 An dieser Stelle
74 | Bereits 1999 hat Albert Borgmann in Holding on to Reality diese Unterscheidung
eingeführt, auf den Floridi jedoch keinen Bezug nimmt (vgl. Borgmann 1999: 1ff.).
75 | In seiner Studie zum Informationsbegriff arbeitet Carpurro die ideen ge-
schichtlichen Bezüge des lateinischen Verbs informare sowie der hiervon abge-
leiteten Substantivierung informatio zu den griechischen Begriffen typos, morphe,
eidos und idea heraus (vgl. Capurro 1978: 17ff.).
76 | Fiktionen sind im Anschluss an Floridi nicht sinnlos oder gar unsinnig, sondern
nur nicht informativ.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242