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»9« Vierte Periode 4522—4740.
meiner Geduld auch den geringsten seiner Unterthanen Gehör zu ertheilen.
Nur einmal äußerte er sich in einer vorübergehenden Aufwallung gegen
einen seiner Vertrauten: »Gern schenke ich jedermann zu jeder Zeit Ge-
hör. Ich möchte es noch viel lieber thun, wenn ich immer Dinge hören
würde, die zum Nutzen des Staates odcr doch einzelner Menschen gerei-
chen können. Es ist wohl viel schwerer, unnütze Dinge zu hören, als viele.«
Seine Arbeitsamkeit war eben so außerordentlich, als sein Gedächtniß. Auf
der Jagd und tief in die Nacht las, schrieb und dictirte er.— »BeidreiDin-
gen (dieß war sein Sprichwort) sey ihm die Zcit nie lang geworden: im Ge-
beth, im Staatsrath und auf der Jagd.« — »ZurThätigkeit, nicht zumMü:
ßiggange, habe der Himmel ihn auf den Thron gesetzt.«
Geistliche Schauspiele, Musik, Ringclrennen, vor allem die Jagd, waren die
Vergnügungen, die er bei seinen vielen Sorgen sich gleichwohl nur sparsam
gönnte. Die letzt« liebte er so sehr, daß er zwischen Wien und Preßburg
mehrmals in Gefahr kam, von Bethlen Gabor's Streifparteicn aufge-
hoben zu werden. Das Wild wurde unter ihm häufig gehegt, aber dem
Landmanne auch der Schaden reichlich vergütet, den es in seinen Feldern an-
richtete.
Die Standhaftigkeit seines Geistes ist aus dem ganzen Laufe seines Lebens
sichtbar, und selbst seine Feinde können in diesem Puncte ihm ihre Bewun-
derung nicht versagen. In den schrecklichsten Tagen thronte die Majestät
unveränderlichen Gleichmuths in seinen Zügen. Beifall und Schmähung, Sieg
und Niederlage vernahm er, wie Gustav Adolph an ihm rühmte, mit
gleicher Miene. Alles, was ihm widerfuhr, sah Ferdinand als eine
Fügung des Himmels an. Sein Vertrauen zu Gott und seine Hingebung in
den Willen Gottes waren unbcgränzt.
Ferdinand II. hatte in seinem Testamente (4625 und 4635) die
Primogenitur-Erbfolge verordnet. Außer dem Thronfolger überlebten
diesen Kaiser noch ein Sohn, Leopold Wi lhe lm, Hochmeister des
Deutschen Ordens, Bischof zu Passau, Halberstadt, Straßburg, Ol-
mütz und Neisse, Statthalter der Niederlande von 4646 bis 4656, und
zwei Tochter, wovon die ältere, Mar ia Anna, an den Herzog und
Churfürsten vonBaicrn, Max imi l ian I., und die jüngere, Cäci-
l ia Renate, an den König W lad i s l aw IV. von Pohlen und
Schweden vermählt war. Von seinem Bruder Leopold, dem cr
(4625) Tirol und die Vorlande überlassen, waren vier Kinder übrig
(3. 59).
Die noch jetzt blühenden Häuser Liechtenstein und Die tr ich stein (l622),
, Lobkowitz (1624) und Lubomi rsk i verdanken Fe rd inand I I . die
Erhebung in den Fürstenstand. Die von diesem Kaiser in den Fürstenstanb
erhobenen Geschlechter Eggenbcrg und P i c c o l o m i n i sind erloschen.
§. 58.
F e r d i n a n d ! I l . ( l«3?—l«57).
Nicht im Sonnenscheine der Ruhe und des Friedens bestieg Ferdi-
nand III. in seinem neun und zwanzigsten Jahre den Kaiserthron.
Noch immer lastete ei» schwerer Krieg auf Deutschland, und nicht die
Schuld des neuen Regenten war es, daß die Geißel desselben noch fer-
ner über die Völker sich schwingen sollte. Er, der Sieger bei Nöldlin-
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Title
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Author
- Leopold Haßler
- Publisher
- Ignaz Klang
- Location
- Wien
- Date
- 1842
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 12.31 x 20.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494