Page - (000007) - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Image of the Page - (000007) -
Text of the Page - (000007) -
Vorwort
Als ab dem Jahr 2003 in Zusammenarbeit mit dem Architekturzentrum Wien das »Wie-
ner Architektenlexikon 1770–1945« mit rund 1. 000 Eintragungen entstand, sollte auch
Rolf Geyling erfasst werden – einer von Dutzenden Architekten, von denen mein Team
und ich zu Beginn nicht viel mehr als den Namen kannten.
Ich fand vorerst nur wenige Informationen, die allerdings erklärten, wieso dieser Ar-
chitekt in Wien in Vergessenheit geraten konnte: Er war nur kurze Zeit in dieser Stadt tätig
gewesen, denn bereits nach wenigen Jahren verlegte er seinen Wohnsitz nach Bukarest,
war kurze Zeit später im Ersten Weltkrieg an der Ostfront eingesetzt, geriet in russische
Gefangenschaft und gelangte schließlich nach China, wo er als Architekt tätig wurde.
Um diese offenbar sehr bewegte Biografie genauer zu durchleuchten, galt es also,
weiterführende Recherchen anzustellen, und es gelang mir, mit dem in den USA leben-
den Sohn Franz Geyling in Kontakt zu treten. Diese »Entdeckung« des damals bereits
hochbetagten Sohnes stellte sich als großer Glücksfall heraus. Franz Geyling pflegte mit
großer Akribie das Andenken an den Vater und archivierte sorgfältig dessen Aufzeich-
nungen, diverse Briefe, zahlreiche sonstige Schriftstücke, Skizzen und Pläne sowie eine
Vielzahl von Fotografien, von denen der Großteil von seinem Vater stammt.
Die wichtigsten Zeugnisse vom Leben Rolf Geylings stellen allerdings dessen Tage-
bücher dar, die er während seiner Teilnahme am Russlandfeldzug sowie in den Jahren
seiner Gefangenschaft in Sibirien verfasst hatte. Vor allem diese Dokumente, welche die
beispiellosen Erlebnisse der Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg und in Gefangenschaft
widerspiegeln, haben mich dazu bewogen, Rolf Geylings Leben und Erfahrungen einer
breiteren Leserschaft zugänglich zu machen. Im Vordergrund meiner Arbeit stand je-
doch nicht eine wortwörtliche Transkription von Geylings Tagebucheintragungen, son-
dern vorrangig ging es mir darum, die einzelnen Stationen von Rolf Geylings Leben in
das geschichtliche sowie kulturhistorische Umfeld dieser Zeit einzubetten, um aus der
Biografie eines Einzelnen den Mehrwert eines umfassenden Zeitzeugnisses zu generie-
ren. Als Kunsthistorikerin war es mir ein Anliegen, insbesondere die Tätigkeit des Archi-
tekten zu würdigen und dessen Werk wiederum in einen größeren kunsthistorischen Zu-
sammenhang zu stellen.
Geyling berichtete ab Beginn des Krieges über die einzelnen Stationen des Feldzu-
ges zunächst in einem »Feldtagebuch«, das etwa die Ausmaße eines Schulhefts hat. Für
die Eintragungen über die letzten Kriegstage sowie die Dokumentation seiner Gefangen-
schaft benützte er hingegen einen kleinen Taschenkalender, der die Abmessungen von
nur 12,5 × 7 cm hatte. Die dadurch notwendig gewordenen knappen und oft nur schlag-
wortartig vorgenommenen Eintragungen machen die Lektüre für einen heutigen Leser
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Subtitle
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Author
- Inge Scheidl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 292
- Keywords
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Category
- Biographien
Table of contents
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273