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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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Revolte und Reife 022 denker der Wiener Moderne. Wagner lehnte den Rückgriff auf Stile der Vergangenheit ab und postulierte eine »Naissance« mittels eines »Nutzstiles«, dessen Formen sich aus Konstruktion und Funktion ergeben sollten. Wagner verband eine funktionale Gestal- tungsweise, aus der teilweise außergewöhnliche Grundrisslösungen resultierten, mit ei- ner reduzierten Bauornamentik, die sich einerseits aus Formen des Jugendstils bzw. der Secession speiste und andererseits konstruktionsbedingte Merkmale selbst zum Orna- ment erhob. Mit der Errichtung der Kirche am Steinhof (  1906–1907  ) sowie der Wiener Postsparkasse (  1904–1906  ) demonstrierte Wagner paradigmatisch seine Vorstellungen einer »Modernen Architektur«: Grundsätzlich lehnte er die teure Verwendung von Stein für die Errichtung des Baukörpers ab und plädierte stattdessen für den Aufbau des Bau- körpers mit preisgünstigem Ziegelmaterial. Um den Gebäuden trotzdem repräsentati- ve Monumentalität zu verleihen, verkleidete er anschließend die Baukörper mit dünnen Marmorplatten. Bemerkenswert ist, dass Wagner bei diesen Gebäuden gleich zweifach der von ihm postulierten »Wahrheit in der Baukunst« zuwiderhandelte. Er vertuschte nicht nur das billige Baumaterial, sondern täuschte zusätzlich eine funktionale Vorgangs- weise vor, indem er die Platten mit markant ausgeprägten Nägeln befestigte. Tatsäch- lich sind die Platten jedoch im Mörtelbett verlegt, und die funktional scheinenden Nä- gel stellen eine rein ornamentale Ausgestaltung dar. Insgesamt lösten Wagners Theorie ebenso wie seine häufig davon abweichende Praxis heftige Kontroversen unter Fachleu- ten und Architektenkollegen aus. Nichtsdestotrotz zog er eine große Zahl äußerst talen- tierter Studenten an, aus denen in der Folge viele bedeutende Architekten hervorgingen, wie etwa Josef Hoffmann, Josef Plecnik, Leopold Bauer und Karl Ehn. Als Rolf im Jahr 1909 in Wagners Meisterklasse eintrat, hatte die Wagner-Schule al- lerdings bereits ihren Zenit überschritten. So wie der Meister selbst verloren sich die Schüler in megalomanen Projekten, die jenseits aller Realisierungsmöglichkeiten la- gen, und klassizierende oder heimatstilartige Formulierungen fanden vermehrt Ein- gang in die Entwürfe. Otto Wagner selbst – wenige Jahre vor seiner Pensionierung stehend – konnte bei keiner der Konkurrenzen für öffentliche Bauten mehr reüssie- ren. Dennoch sind die Anregungen, die Rolf während seines Studiums bei Wagner er- hielt, nicht zu unterschätzen. Spätestens während seiner Sommerfrische-Aufenthalte in der Wachau entwickelte Rolf auch eine große Tier- und Naturliebe, und außer einem Hund, den er auf seinen Jagdausflügen mitnahm, gab es immer eine Reihe von Tieren, die er während der Som- mermonate »auflas« und die er zum Teil sogar in die Stadtwohnung mitnahm. So be- herbergte er in seinem Zimmer einmal zwei junge Füchse, einmal einen Uhu, einmal ei- nen großen Hirschkäfer, der unter den Möbeln »wohnen« durfte. (Abb. 9)
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rolf Geyling (1884-1952)
Subtitle
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Author
Inge Scheidl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
292
Keywords
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Category
Biographien

Table of contents

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine KĂĽnstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. ArchitekturentwĂĽrfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Ăśbergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen fĂĽr uns 230
  37. Sehnsucht nach Ă–sterreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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