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Die Schlacht von Lemberg 055
Im Meierhof und den umliegenden Häusern ist alles übervoll von Verwundeten, die
oft in entsetzlichem Zustand von ihren Kameraden eingebracht werden, ĂĽberfĂĽllt; leichter
Verwundete sind oft noch so in Kampfeswut, daĂź sie die Verwundung nicht viel achten.
2. Sept. Nächtigung in Suszow. Parkiert, Pferde bleiben angespannt. Gefechtsmarsch
nach Mierzi [  …  ] Befehl zur Nächtigung; Ortschaftslager (  Zuckerfabrik  ) mit gefechts-
mäßiger Sicherung.
Gelegentlich des Vormarsches, der ohne erheblichen Widerstand stattfand besich-
tigte ich unsere Wirkung vom Vortag. Die Hänge zwischen Poturzyn und dem nördli-
chen Wald übersät mit Geschoßteilen aller Artillerie Gattungen; an der Waldlinie und
den angrenzenden Partien des Waldes die schauerlichen Spuren unserer Ekrasit Grana-
ten [  Granaten mit hochexplosiver Sprengkraft  ] 2 m tiefe Gruben, bis 4 m im Durchmes-
ser, entwurzelte Bäume und im Umkreis oft Reihen von Toten. Die feindliche Poturzyn
Infanterie muss hier gelagert haben (  Reserven  ), denn man erkennt die im Stich gelas-
senen Gewehrpyramiden und einen getroffenen Vorposten. Viele Russen sind in der
Flucht durch den Wald vom Geschick
ereilt worden. (Abb. 32)
Abend beziehen wir eines unserer
schönsten Quartiere, in Mierze, die Vil-
la des Direktors der Zuckerfabrik; die-
ser, ein Österreicher, muss in größter
Eile fort sein und hat alles wie es war
zurĂĽckgelassen.
3. Sept. 9h v.m. Abmarsch nach Osten.
BugĂĽbergang geplant.
In Maltow angelangt, Befehl um
6h n.m. zurĂĽck nach Mierze und dort
Nächtigung (  Das jenseitige Bugufer
war schon von Infanterie besetzt und
gesichert worden.  ) (Abb. 33)
4. Sept. Nächtigung im alten Lager; ge-
fechtsmäßige Sicherung. Ich koche mit
meinem braven Burschen [  … 
] in die-
ser Küche [  der Villa des Direktors  ] ein reichhaltiges Mittagessen für alle Herren der Di-
vision, eben sind wir fertig als der Abmarschbefehl einlangt: Gefechtsmarsch von Mier-
32 Gefallene russische Soldaten
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Subtitle
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Author
- Inge Scheidl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 292
- Keywords
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Category
- Biographien
Table of contents
- Revolte und Reife 8
- Eine KĂĽnstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- ArchitekturentwĂĽrfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Ăśbergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen fĂĽr uns 230
- Sehnsucht nach Ă–sterreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273