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Mobilisierung und Krieg 082
zum Einsatz beim Wal, einem 526 m hohen Berg südlich von Tarnow, dirigiert, von wo
aus er an der bedeutenden Schlacht von Tarnow-Gorlice teilnahm.
Die militärische Situation stellte sich in diesen Frühjahrstagen des Jahres 1915 am öst-
lichen Frontabschnitt folgendermaßen dar: Zwar hatte die Donaumonarchie durch den
Sieg bei Limanowa-Lapanow die direkte Bedrohung ihres Kernlands durch die zaristi-
sche Armee abgewendet, doch konnten die Russen die Front rasch wieder konsolidie-
ren, und die Gefahr des Vordringens der russischen Armee Richtung Ungarn war noch
immer nicht endgültig gebannt. Die österreichisch-ungarische Armee war bereits der-
art geschwächt, dass sie nur ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn zu keinen größeren Ge-
genangriffen im Osten mehr in der Lage war.
Obwohl das Deutsche Reich als Verbündeter der Monarchie von Anfang an Trup-
pen zur Verstärkung der österreichisch-ungarischen Armee entsendet hatte, reichte
auch dieses Kontingent bei Weitem nicht für eine groß angelegte Gegenoffensive aus,
und der österreichische Generalstabchef, Franz Freiherr Conrad v. Hötzendorf, beklag-
te sich deshalb immer wieder über die mangelnde Unterstützungsbereitschaft des Ver-
bündeten. Ebenso habe man, wie Günther Kronenbitter ausführt, »auf deutscher Seite
über die Schwächen der k.u.k Armee und die Unfähigkeit ihrer Führung lamentiert«.13
Das prioritäre Ziel der deutschen Heeresleitung lag darin, gegen Frankreich vorzuge-
hen, und erst nach der Niederschlagung der französischen Armee wollte man gemein-
sam mit den Truppen der Habsburgermonarchie das russische Heer besiegen. Allerdings
sah sich Deutschland angesichts der dramatisch dezimierten österreichisch-ungarischen
Armee genötigt, weitaus früher als geplant verstärkt in den Kampf gegen die zaristische
Armee einzugreifen. Um die aus deutscher Sicht notwendige Strategie an der Ostfront
sicherzustellen, forderte Deutschland fortan das Kommando über die Truppen beider
Länder. Über diesen Schulterschluss hatte Karl Kraus seinen »Nörgler« in den »Letzten
Tagen der Menschheit« scharfzüngig spotten lassen: »Lassen sich zwei Wesen Schul-
ter an Schulter denken, deren eines die Unordnung zum Lebensinhalt hat, und nur aus
Schlamperei noch nicht zu bestehen aufgehört hat, und deren anderes in nichts und
durch nichts besteht als durch Ordnung
?« ( S. 237 )
Die erste bedeutende gemeinsame Offensive unter Federführung des Generalobers-
ten v. Mackensen erfolgte sodann Anfang Mai 1915, bei der Schlacht von Tarnow-Gorli-
ce. Hier erlitt das russische Heer eine schwere Niederlage, und große Teile von Galizien
und der Bukowina konnten zurückerobert werden.
13 G. Kronenbitter: Von »Schweinehunden« und »Waffenbrüdern«. Der Koalitionskrieg der Mit-
telmächte 1914 /15 zwischen Sachzwang und Ressentiment. In: G. Groß: Die vergessene Front –
der Osten 1914 /15. Paderborn 2006, S. 121 ff.
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Subtitle
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Author
- Inge Scheidl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 292
- Keywords
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Category
- Biographien
Table of contents
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273