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Mobilisierung und Krieg 084
sich nämlich vehement für eine breit angelegte strategische Umfassungsoperation ein-
gesetzt, wohingegen der österreichische Generalstabschef von Anfang an für eine kon-
ventionelle Durchbruchsschlacht am russischen Frontvorsprung zwischen Tarnow und
der Region Gorlice eingetreten war. Der Chef des deutschen Generalstabs, Erich von Fal-
kenhayn, befürwortete schließlich die österreichische Alternative, und zwar nicht zuletzt
deshalb, weil er der geschwächten Habsburgerarmee nicht mehr zutraute, dass sie bei
einer größer angelegten Operation noch eine verlässliche Rolle spielen könnte.
Als Ergebnis der Schlacht von Tarnow-Gorlice wurde die russische Armee wieder an
den San zurückgedrängt, wo sie sich – wie Großfürst Nikolaj Nikolajewitsch ausführte –
mit »kaum ausgebildeten Bauerntölpeln« zu verteidigen versuchte, »die mangels Waf-
fen nicht einmal richtig schießen gelernt« hatten.15
Rolf war aufgrund seines Einsatzes am Wal unmittelbar in die heftigen Kampfhand-
lungen involviert. In seinen Tagebucheintragungen, die mit den aktiver werdenden
Kriegsgeschehnissen wieder ausfĂĽhrlicher wurden, stellen sich dieser Kampfeinsatz und
die anschlieĂźende Verfolgung der feindlichen Truppen zum San folgendermaĂźen dar:
1. Mai Besichtigung der Stellung am Wal. Ordnung und Marsch – bereitmachen der
M. G. A. [  Maschinengewehrabteilung  ] in der Nacht soll ein Angriff auf den Zuckerhut
[  ein Berg südwestlich vom Wal  ] gemacht werden; wir dazu eingeteilt.
2. Mai Zirka 12 Uhr Mitternacht Aufbruch zur Talsohle. Sappiens [  Pioniere  ] sprengen Hin-
dernisse; bei Tagesanbruch in der russischen Stellung. Unsere Abteilung zuerst am Bach
und in der FrĂĽh hinauf. Gegen 10 Uhr russischer Sturm; wir werden zurĂĽckgeworfen. Teil der
Abteilung zum Wal, Rest sammle ich am Bach; Lt. Leixner weg, wahrscheinlich gefangen.
Mit Rest im Birkenwäldchen versteckt, bei Abenddämmerung auf Umweg zum Wal 
! Freu-
de über das Einbringen der beiden Gewehre [ 
MGs 
] meiner Abteilung. In Stellung am Wal.
1. Belobungseingabe  !
3. Mai Vorrücken in nördl. Richtung. Stellung weit rückwärts [  …  ] Nächtigen in der Mul-
de vor dem Wal. Schauerlichstes Schlachtfeld das ich gesehen  ! Zahllose Jäger die beim
Sturm auf die russischen Stellungen fielen; es muĂź ein sehr schweres StĂĽck gewesen sein.
Aber die Russen an fast allen Teilen geworfen.
15 Jean-Pierre Cartier: Der Erste Weltkrieg. MĂĽnchen 1984. S. 301
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Subtitle
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Author
- Inge Scheidl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 292
- Keywords
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Category
- Biographien
Table of contents
- Revolte und Reife 8
- Eine KĂĽnstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- ArchitekturentwĂĽrfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Ăśbergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen fĂĽr uns 230
- Sehnsucht nach Ă–sterreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273