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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 093 Kriegsgefangenen während der Transporte sowie über die soliden Bedingungen, die in den Gefangenenlagern herrschten. Vor allem aber beschreibt Karner die Aktivitäten, mit denen sich die Offiziere die Zeit während der Gefangenschaft vertrieben. Er schreibt über Musik- und Theateraufführungen, über sportliche Betätigungen, über zahlreiche Kurse, in denen sich die Offiziere weiterbilden konnten, und die Büchereien, die zur Verfügung standen. Nicht zuletzt erwähnt er auch die Gärten, die sich die Gefangenen anlegen konn- ten. Wenngleich diese Aktivitäten weitgehend erwiesen sind, so muten Karners Schilde- rungen doch verblüffend idyllisch an und erzeugen eine stark verklärende Wirkung. Sich dessen bewusst werdend, sieht selbst Karner sich zu der Bemerkung veranlasst, dass, »um nicht missverstanden zu werden, noch einmal hervorgehoben werden muss: beneide nie- mand den Kriegsgefangenen.« (  S. 48  ) Vor allem aber räumt Karner ein, dass er bewusst Lücken in der Berichterstattung gelassen habe, um die Angehörigen von Kriegsgefan- genen, die noch nicht heimgekehrt seien, nicht zu beunruhigen. Als Konsequenz daraus entsteht allerdings ein Text, der sich fast schon wie der Bericht eines etwas spartanischen Kuraufenthalts liest. Der Erste Weltkrieg mit all seinen Gräueln und Folgen hingegen ver- kommt zur Kulisse, die nur mehr als beiläufiger Anlass dieses »Kuraufenthalts« fungiert. Angesichts dieser Kriegsgefangenenliteratur wirken Rolf Geylings Aufzeichnungen aus der Gefangenschaft geradezu sonderbar verhalten. Der sprachliche Duktus ähnelt dem seines Kriegstagebuchs, indem er durchwegs sachlich, nüchtern, ja bisweilen geradezu di- stanziert von den Vorgängen um ihn her berichtet. Im Gegensatz zu anderen publizierten Tagebüchern verzichtet Rolf dabei durchwegs auf weitschweifige Ausführungen und lie- fert somit eine weniger bilderreiche, aber weitaus präzisere, protokollhaft festgehaltene Darstellung der Situation. Inhaltlich werden allerdings auch bei ihm bestimmte Aspekte des Lagerlebens ausgespart bzw. konsequent nicht thematisiert. Nur selten beispielswei- se lassen einzelne Äußerungen auf die große psychische Belastung schließen, der er in- folge einer so lang andauernden Gefangenschaft ausgesetzt war und die sich nicht zu- letzt in einer gewissen Gereiztheit gegenüber seinen Mitgefangenen äußerte. Aber auch der ungeheure Tatendrang, in den erst spätere Schreiben von ehemaligen Kameraden Einblick gewähren, findet in Rolfs eigenen Aufzeichnungen kaum Niederschlag. Einzig die Sorge um seine Frau und seine Tochter findet sich nun mehrmals in Rolfs Tagebuch verzeichnet, wenngleich er diese Sorgen stets nur in wenige, knappe Worte fasst, und auch die Sehnsucht nach seiner Familie bleibt mehr erahnbar, als sie in Worten erscheint. Einen ausgezeichneten Einblick in die tatsächliche Situation der Gefangenen in Sibi- rien gibt vor allem das Werk von Elsa Brändström mit dem Titel »Unter Kriegsgefange- nen in Russland und Sibirien 1914–1916«, das 1927 erschienen ist. Elsa Brändström hielt sich als Krankenschwester fünfeinhalb Jahre teilweise privat, teilweise als Delegierte des Schwedischen Roten Kreuzes in verschiedenen Gefangenenlagern auf und gewann auf
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rolf Geyling (1884-1952)
Subtitle
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Author
Inge Scheidl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
292
Keywords
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Category
Biographien

Table of contents

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine KĂĽnstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. ArchitekturentwĂĽrfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Ăśbergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen fĂĽr uns 230
  37. Sehnsucht nach Ă–sterreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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