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Die Jahre in Sibirien 105
17.Aug. Erste Nachricht von zuhause  ! Zwei Karten von M. [ 
= Mädy, Rolfs Frau Hermi-
ne  ] und eine von Ernst [  Schwager  ] mit zwei Bildchen von M. und der Kleinen [  Tochter
Maja  ] aus Bukarest. Unbeschreibliche Freude, besonders, daß M. so gut aussehen dürf-
te. Die folgenden Tage lese ich immer wieder die Karten und warte auf weitere Nach-
richten. Tags darauf ersten Brief geschrieben. (Abb. 54)
18., 19. Aug. Kleine Geburtstagsfeier für unseren 85jähr.
Kaiser. Halte ĂĽber Aufforderung eine kleine Ansprache,
worauf noch ein Herr ungarisch im Namen der ungar. Her-
ren spricht. Nach dem Toasten mit dem scheuĂźlichsten
Getränk »Quass« [  = Kvas, Gebräu aus Schwarzbrot und
Rosinen  ] singen wir Volkshymne, ungar. Hymne und deut-
sche Hymne. Vorerst werden noch die schönen Berichte
vom Kriegsschauplatz verlesen. Auffallend war die Vor-
sicht unserer Bewachungsmannschaft; der Starschi bleibt
die längste Zeit selbst anwesend.
21., 22.Aug. Traurig und rĂĽhrend ist zu beobachten wie
einzelne Offiziere, die knapp dem Tod entronnen sind,
sich trotz ihrer entsetzlichen Verletzungen und Gebre-
chen kindisch des Lebens erfreuen. – Da sind in unse-
rem Quartier:
Fähnrich Pratzer (  Schuß quer durch den Kopf  ) der ein
Auge verlor und erst in diesen Tagen durch das zweite
wieder einen Schein zu sehen beginnt.
Leutnant Oberwöger (  Schuß rechter Fuß  ) der schein-
bar nicht ganz ohne Absicht den Fuß völlig steif behielt.
Oberleutnant Grohmann mit stark verkĂĽrztem FuĂź.
Ein Leutnant mit völlig zertrümmertem Unterkiefer und ganz entstelltem Gesicht.
Ein Leutnant der 17 SchuĂźwunden hatte und nach Monaten noch entsetzlich schlecht
aussieht und nur mit Stock gehen kann.
24. Aug. Beim FuĂźballspiel springt mir wieder ein Knorpel des rechten Knies heraus; der
Fuß schwillt stark an und muß ich einige Tage liegen mit Umschlägen; kann länger nicht
mehr spielen. 54 Hermine (  Mädy  ) mit Tochter
Maria Margarete (  Maja  )
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Subtitle
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Author
- Inge Scheidl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 292
- Keywords
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Category
- Biographien
Table of contents
- Revolte und Reife 8
- Eine KĂĽnstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- ArchitekturentwĂĽrfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Ăśbergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen fĂĽr uns 230
- Sehnsucht nach Ă–sterreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273