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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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Page - 186 - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten

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China 186 den in jeder Hinsicht [  …  ] und es wäre töricht irgendwie hemmend dazwischenzutreten, da ich ihm damit nur mehr an Sorge und Last aufbürde. Somit heißt es mit [  …  ?  ] ganz alleine fertig werden und Rolf soviel als möglich abnehmen, und dies tue ich am besten, wenn ich ihm ein immer gleichmässig und freundliches Gesicht zeige. – Dies ist ja wohl für ihn dann wahre Erholung und wenn er mir dann Mittags eine Stunde der Aufmerk- samkeit widmet, so bin ich es zufrieden und verbringe meinen Nachmittag frohgemut bei irgend einer Arbeit.« Deutlich zeigt sich in diesen Zeilen Hermines ehrliches Bemü- hen, die Situation zu meistern, deutlicher kommt allerdings ihre wahre Stimmungslage zum Ausdruck, wenn sie ihren Eindruck von der Stadt schildert: »Tientsin ist ein ödes ödes Nest, bietet gar nichts an Naturschönheit – nicht einen anständigen Baum sieht man hier, Staub in Massen und der Paihokanal, meine einzige Hoffnung entpuppte sich als eine träge dahinfliessende lehmige gelbe Flut. – So muss man also ›die Natur‹ diesen wichtigen Faktor – der uns Europäern soviel Anregung und Erholung bedeu- tet ganz ausscheiden – bleibt also dies Interesse für’s Fremde, für’s Chinesische. – Nun auch darin ist Tientsin stiefmütterlich dran, es gibt hier nicht viel zu sehen – die Chine- senstadt ist wohl unendlich gross, aber warst Du einige Male drinnen so bist du damit vertraut und abgestumpft. Überdies machte es mir absolut keinen besonders neuen Eindruck – unser Colentina [  ein Stadtteil  ] in Bukarest bietet ein ähnliches Bild nur kann ich mit ruhigem Gewissen sagen, dass es weit sauberer ist. – Den Schmutz, den Lärm, den Staub, die engen Gassen die alle ungepflastert sind im echten Chinesenviertel da- von machst Du Dir keinen Begriff – nur das Volk ist eben eine anderes und auch nicht mehr interessant genug. Die Männer tragen selten noch Zöpfe und die Frauen schon viel normale Füsse. Die Costüme sind auch eigentlich einfach zu nennen – bis auf son- derbare Kopfdekorationen – namentlich bei festlichen Gelegenheiten.« Auch interes- sante Gebäude und sonstige Sehenswürdigkeiten vermisste Hermine laut ihren Briefen in Tientsin, und so blieb ihr nur die Hoffnung, dass ihr Mann eines Tages Zeit haben werde, mit ihr nach Peking zu reisen. Als Zerstreuung blieben einstweilen die Geschäf- te in der Altstadt, der sogenannten Chinesenstadt, aber auch da suchte Hermine ver- geblich »Gutes und Gediegenes«. Es ist erstaunlich, dass Hermine – die in Wien bei Rolf einen Architekturkurs absol- viert hatte – der chinesischen Architektur nicht aus fachlichem Interesse mehr abge- winnen konnte und die traditionellen Hauptwerke in Tientsin mit keinem Wort in ihren Briefen erwähnt. Im Gegensatz zu ihrer Meinung, dass Tientsin keine Sehenswürdigkei- ten bot, gab es nämlich in der chinesischen Altstadt sehr wohl auch original chinesische Bauwerke zu besichtigen. Möglicherweise trübte jedoch Hermines unermessliches Heim- weh ihren Blick und lähmte jegliche positive Anteilnahme an der fremden Stadt, so wie sie auch ihren ersten Brief in die Heimat erst drei Monate nach ihrer Ankunft schreiben
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rolf Geyling (1884-1952)
Subtitle
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Author
Inge Scheidl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
292
Keywords
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Category
Biographien

Table of contents

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine KĂĽnstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. ArchitekturentwĂĽrfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Ăśbergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen fĂĽr uns 230
  37. Sehnsucht nach Ă–sterreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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