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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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Page - 240 - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten

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China 240 ten. Noch weniger lässt sich darüber mutmaßen, welche Gefühle selbst ihn, den zum Fa- talismus neigenden Pragmatiker, angesichts der aufkeimenden Erinnerungen und per- sönlichen Rückblicke befallen haben müssen. Erwartungsgemäß gibt es von Rolf keine diesbezüglichen Kommentare, und so erfährt man von ihm einzig und allein, dass es in den einzelnen Stationen »nicht so wie ehedem alle bäuerlichen Nahrungsmittel zu kau- fen« gab. (  Brief an Mutter und Greta, 5. 3. 1930  ) Einen Teil ihres Aufenthaltes verbrachten Rolf und Hermine in Österreich, um mit Rolfs Mutter, Schwester Greta, Bruder Remigius und Freunden zusammenzutreffen. Für die Rei- se nach Bukarest zu Hermines Eltern und Bruder Ernst wählten sie einen Donaudamp- fer, wobei die beiden insbesondere die lang entbehrten Reize der facettenreichen Land- schaft genossen. Einige Wochen machten sie Urlaub am Schwarzen Meer, wo Hermine mit Moorbädern ihre körperliche Konstitution zu stärken hoffte. Weihnachten kamen Rolfs Mutter und Schwester nach Bukarest, und die große Familie feierte das Fest gemeinsam. Rolf unternahm noch ein paar »Extratouren«, um die Gelegenheit zu nutzen, die Fir- meninhaber, mit denen er von China aus zusammenarbeitete, aufzusuchen bzw. um neue berufliche Geschäftsverbindungen anzubahnen. Ein Weg führte Rolf auch zum ehemali- gen rangältesten Offizier des Lagers von Dauria sowie zum ehemaligen Kommandanten des Lagers Perwaja Rjetschka bei Wladiwostok. Bereitwillig verfassten diese die ausführ- lichen »Bestätigungen« über seinen Einsatz als Lehrer und Architekt, die im Kapitel über Rolfs Gefangenschaft zitiert sind. Eine weitere »Bestätigung« holte sich Rolf von der »Di- rektion der städtischen Straßenbahnen«, die ihm seine architektonische Tätigkeit für die damaligen »Wiener Verkehrsbetriebe« bescheinigte. Möglicherweise erhoffte Rolf, von diesen Beweisen seiner beruflichen Aktivitäten zu profitieren, sofern er einmal nach Wien zurückkehren sollte, um als Architekt in seiner Heimatstadt tätig zu werden. Mit Sicher- heit hat Rolf seinen Aufenthalt in Wien auch dazu benutzt, sich über die aktuelle Bautä- tigkeit zu informieren. In den 1920er- und 1930er-Jahren wurde im Rahmen eines sozia- len Wohnbauprogramms eine Reihe von »Gemeindebauten« errichtet, deren Architekten zum Teil ehemalige Studienkollegen wie Michael Rosenauer, Josef Hahn oder Otto Po- lak-Hellwig waren. Viele dieser Bauten waren gerade fertiggestellt worden oder befan- den sich im Bau, wie etwa der »Karl-Marx-Hof« von Karl Ehn, der mit einer Länge von rund einem Kilometer der damals längste zusammenhängende Wohnblock der Welt war. Auch dem Ruderklub der Normannen stattete Rolf einen Besuch ab, und man kann sich vorstellen, wie er die Begrüßung seiner ehemaligen Rudergefährten in dem Klubraum sitzend genoss, den er rund 16 Jahre zuvor mit so viel Liebe zum Detail gestaltet hatte. Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, dass alle Familienmitglieder überglücklich waren, einander nach so langer Zeit wiederzusehen, und Mausi und Franzl wurden be- sonders herzlich empfangen. Tauchte wohl jemals die Frage auf, ob Rolf nicht doch sei-
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rolf Geyling (1884-1952)
Subtitle
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Author
Inge Scheidl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
292
Keywords
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Category
Biographien

Table of contents

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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