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Ăśberblick
Antonio Quetta Christine Lehne
Rechtswissenschaft
In der vorliegenden Epoche ist zwar, wie etwa die zwei neuen Tiroler Landesord-
nungen von 1532 und 1573 bezeugen, eine recht intensive gesetzgeberische Akti-
vität und allgemein ein Ausbau des Rechtssystems zu verzeichnen, doch was sich
an einschlägigem Schrifttum auf Lat. erhalten hat, ist eher mager. Größtenteils
handelt es sich um Gerichtsakten sowie um Neufassungen der im vorhergehen-
den Kapitel (vgl. hier S. 200–202) besprochenen Statuten. Zusätzlich existieren
diverse Urkundensammlungen, so z.B. der um 1520 in Neustift von einem Ge-
org Kirchmair angelegte Liber testamentorum („Buch der Testamente“ ; Neustift,
Cod. 1), die Collectio diplomatum dominiae Rodenegg et Wolkenstein („Sammlung
von Urkunden zur Herrschaft Rodenegg und Wolkenstein“ ; TLMF, FB 1215)1
des Pflegers von Wolkenstein, Simon von Permatin, und das Sammelwerk von
Ambrogio Franco (vgl. hier S. 318). Juristische Fachliteratur im engeren Sinn
scheint dagegen nur in geringem Umfang und nur aus Trient ĂĽberliefert. Ne-
ben dem gleich näher zu betrachtenden Werk des Antonio Quetta kann man
eigentlich nur auf zwei anonyme Sammlungen von Anmerkungen zu Rechtscor-
pora verweisen, die beide auf das Jahr 1567 zu datieren sind : Aliquae adnotatio-
nes in iure civili („Einige Anmerkungen zum Zivilrecht“ ; BCT, ms. 1607) und
Adnotationes regularum utriusque iuris in compendium collectae („In einem Band
gesammelte Anmerkungen zu Bestimmungen beider Rechte“ ; BCT, ms. 1758).
Die Frage, weshalb die Überlieferung so dürftig ist, lässt sich vorderhand nicht
zufriedenstellend beantworten.
Der einzige Vertreter der Tiroler Jurisprudenz im 16. Jh., der als Schriftstel-
ler wirklich hervorgetreten ist, ist Antonio Quetta (ca. 1480–nach 1545). Quetta
wurde im Nonstal geboren, studierte Rechtswissenschaften in Padua und trat da-
nach in Trient in die Dienste der Bischöfe Georg von Neideck, Bernhard von Cles
und Cristoforo Madruzzo, die er juristisch beriet, auf diplomatischen Missionen
vertrat2 und maĂźgeblich in der Verwaltung des Bistums unterstĂĽtzte. 1537 erhob
1 Der Verbleib des Originals aus dem Jahr 1528 ist unklar, das zitierte Exemplar ist eine 1888 von
Anton Noggler angefertigte Abschrift.
2 Von einer Reise nach Rom im Jahr 1514 mit dem Ziel, vom Papst die Bestätigung der Wahl Bern-
hards von Cles zum Bischof zu erlangen, zeugt noch ein in nachlässigem Gebrauchslatein abgefass-
tes Tagebuch, in dem Quetta einerseits seine Ausgaben auflistet, andererseits ĂĽber die einzelnen
von ihm unternommenen Schritte Rechenschaft ablegt (Ausgabe : Quaresima 1914). Es stellt eine
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593