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Hagiographie
Überblick
Übersetzungen
Hippolytus
Guarinonius
Florian Schaffenrath
Biographie
Der größere Teil der in dieser Epoche in Tirol entstandenen biographischen Texte
ist hagiographischer Natur. Die erste Hälfte des 17. Jhs. war eine entscheidende
Zeit für die Entwicklung der lat. Hagiographie : Als humanistische Autoren im
15. und 16. Jh. ihre Schulung an klassischen Modellen auch in die Abfassung von
Heiligenleben einfließen ließen, erhob sich im Umfeld der Reformation Kritik an
der bisherigen Form der Hagiographie und nicht selten Spott, dem man auf katho-
lischer Seite durch einen neuen Ansatz begegnen musste. Auf Anregung des Jesuiten
Daniel Papenbroch (1628–1714) entwickelte sich das Unternehmen der „Bollan-
disten“, die 1643 die ersten beiden Bände der Acta Sanctorum veröffentlichen konn-
ten ; somit waren neue Maßstäbe der Hagiographie gesetzt (CNLS 2, 210–211).
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass auch in Tirol in dieser Epoche
bereits kanonisierte Heilige und Persönlichkeiten, die erst zur Ehre der Altäre erho-
ben werden sollten, die biographische Produktion dominierten : In Klöstern (z.B.
in Füssen oder Innsbruck) interessierte man sich für das Leben der heiliggespro-
chenen Ordens- und Klostergründer ; der lokal bedeutende Kult der Notburga von
Eben am Achensee beispielsweise sollte durch lat. Texte überregionale Bedeutung
erhalten. Daneben finden sich auch Biographien erst kürzlich verstorbener Perso-
nen, wobei auch hier ein bestimmter Bezug zur Hagiographie nicht von der Hand
zu weisen ist : Wenn Cherubin O’Dale das Leben der Erzherzogin Anna Juliana be-
schreibt, geschieht dies nicht zuletzt in der Absicht, Material für einen späteren Ka-
nonisierungsprozess bereitzustellen. Als Vertreter von Biographen, die ihre Helden
nicht kanonisieren wollen, wird danach Vigilio Vescovi zu nennen sein. Abschlie-
ßend sollen autobiographische Texte sowie lat. verfasste Diarien und Tagebücher,
die in engem Zusammenhang zur Autobiographie zu sehen sind, Platz finden.
Es ist auffallend, dass beinahe alle hier zu besprechenden Texte Übersetzungsli-
teratur sind : Ins Lat. wurde übersetzt, wenn das Original in einer Sprache verfasst
war, die der allgemeinen Verbreitung hinderlich war, aber auch wenn eine Persön-
lichkeit weltweit bekannt gemacht werden sollte. Doch auch der gegenteilige Pro-
zess findet sich : Zunächst lat. geführte Aufzeichnungen wurden in eine deutsche
Biographie umgewandelt. Hier wird man wohl an eine Verwendung dieser Texte
zur Steigerung der regionalen Volksfrömmigkeit denken dürfen.
Ein eifriger Biograph und Übersetzer war Hippolytus Guarinonius (1571–1654,
vgl. hier S.
565). Er übertrug die Lebensbeschreibungen des Ippolito Galantini aus
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593