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rechtshistorischer
Hintergrund
lat. juristische
Literatur Christine Lehne
Rechtswissenschaft
Eine Schilderung der Geschichte der lat. juristischen Literatur Tirols am Ausgang
des Mittelalters erfordert einige einfĂĽhrende Bemerkungen zu den rechtlichen
Grundlagen dieser Zeit. Der Ăśbergang von der Personal- zur Territorialgerichtsbar-
keit1 war damals noch nicht sehr lange vollzogen und die Rechtsnormen unterschie-
den sich von einem Gebiet zum anderen beträchtlich. Für die Einwohner der Städte
und der größeren Gebiete galten die jeweiligen Statuten bzw. regulae, d.h. Stadt-
und Landrechte, deren Normen jedoch unsystematisch und unvollständig waren.
Darüber hinaus waren das ius commune („gemeines Recht“),2 lokales Gewohnheits-
recht, bäuerliches Recht in Form sogenannter Weistümer sowie Sonderrechte für
einzelne Berufsgruppen in Geltung (Baltl/Kocher 2004, 68–75, 114–129).
Da wie in vielen anderen Bereichen so auch im Rechtswesen die Sprache der wis-
senschaftlichen Fachliteratur im Wesentlichen das Lat. war, wĂĽrde man angesichts
dieser Rechtsvielfalt erwarten, dass zu juristischen Themen ein ungemein umfang-
reiches und differenziertes lat. Schrifttum produziert wurde. Tatsächlich waren je-
doch auch einige Faktoren im Spiel, welche die Entwicklung der lat. juristischen
Literatur verzögerten. So verlief deren Ausbreitung etwa parallel zur Neugründung
von Universitäten und zur Rezeption des römischen Rechts, die beide nur allmäh-
lich voranschritten. Auch der Ausbau der weltlichen und kirchlichen Administra-
tion, in dessen Zuge politische und rechtliche Ă„mter, die zuvor von wechselnden
Beratern bzw. von Personen ohne juristische Kenntnisse ausgeĂĽbt worden waren,
professionalisiert wurden, ging nur langsam vonstatten.3 AuĂźerhalb dieser gelehr-
1 Bei der Personalgerichtsbarkeit bestimmen sich die rechtlichen Normen, denen eine Person unter-
worfen ist, nach ihrem Geburtsort, ihr gegenwärtiger Aufenthaltsort ist unerheblich. Bei der Terri-
torialgerichtsbarkeit sind alle Personen innerhalb eines großräumigen Geltungsbereiches demselben
Recht unterworfen (FloĂźmann 2001, 4).
2 So bezeichnete man die auf dem römischen Recht basierende Rechtsordnung, die hauptsächlich
durch die Schriften der sogenannten Glossatoren und Postglossatoren weiter entwickelt wurde und
im deutschen Sprachraum sowie in etwas geringerem Maße in allen Ländern Europas galt (Wesel
2000, 313–315, 342–343).
3 In Tirol werden 1506 vier doctores als Mitglieder der landesfĂĽrstlichen Regierung genannt, die
gleichzeitig als Hofgericht fungierte. Initiiert wurde die Besetzung dieser Ă„mter von Maximilian.
Im Landtagsabschied von 1554 beschwerten sich die Stände, dass die Regierung vorwiegend mit
Gelehrten besetzt wĂĽrde, die bei Fehlen einer Bestimmung in der Satzung sofort auf das gemeine
Recht zurückgriffen. S. Sartori-Montecroce 1895, 9, 39.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593