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Ăśberblick
Scheiner
Martin Korenjak
Naturwissenschaft
Vor der Gründung der Universität Innsbruck war es im Tiroler Raum kaum mög-
lich, naturwissenschaftlichen Unterricht zu erhalten. An den Jesuitengymnasien
wurde maximal das erste Jahr des cursus philosophicus, d.h. die Logik, unterrichtet
(vgl. hier S. 545–546), die Priesterseminare und klösterlichen Hauslehranstalten
boten ebenfalls keine einschlägige Lehre an. Demgemäß ist im Tirol dieser Epoche
noch kaum eigenständige naturwissenschaftliche Forschung nachweisbar – abge-
sehen von der Medizin, die in einem eigenen Kapitel behandelt wird. Was dies-
bezüglich vorhanden ist, fällt in der Hauptsache mit den einschlägigen Werken
eines aus dem Ausland kommenden Gelehrten zusammen, der sich nur fĂĽr wenige
Jahre in Tirol aufhielt. Von zwei weiteren wichtigen Texten wurde der eine einem
Tiroler Potentaten nur gewidmet, der andere verdankt seine Existenz einem auĂźer-
gewöhnlichen Ereignis, nämlich einer Sonnenfinsternis.1 Dass alle Autoren sicher
oder wahrscheinlich der Gesellschaft Jesu angehören, entspricht der Führungsrolle,
die diese damals im katholischen Teil Europas auch auf dem Gebiet der Naturwis-
senschaften innehatte.
In den Jahren 1617–1620 wirkte in Innsbruck mit Christoph Scheiner (1573–
1650 ; vgl. Daxecker 2004) einer der wichtigsten Naturwissenschaftler, die der Je-
suitenorden in der ersten Hälfte des 17. Jhs. hervorgebracht hat. Gebürtig aus der
vorderösterreichischen Markgrafschaft Burgau, absolvierte Scheiner, der 1595 dem
Orden beitrat, seine Studien hauptsächlich in Ingolstadt, wo er 1610 Professor für
Mathematik und Hebräisch wurde. Sein Ruf wuchs durch den von ihm entwor-
fenen Pantographen, ein Gerät zum maßstabgetreuen Kopieren, Vergrößern und
Verkleinern von Zeichnungen, und durch seine Entdeckung der Sonnenflecken im
Jahr 1611. Auch der Tiroler Landesfürst Erzherzog Maximilian III., der großes In-
teresse an den Naturwissenschaften zeigte, wurde auf Scheiner aufmerksam und
stand seit 1614 in intensivem Kontakt mit ihm. Nachdem er Scheiner wiederholt
zu kĂĽrzeren Aufenthalten nach Innsbruck geholt hatte, bewirkte er 1617 seinen
Transfer ans dortige Jesuitenkolleg. Auch Maximilians Nachfolger Erzherzog Le-
opold V. schätzte den gelehrten Jesuiten außerordentlich, wie die Korrespondenz
belegt, die sich nach Scheiners Abgang aus Innsbruck zwischen den beiden entwi-
1 Ein mineralogischer Brief von Michael Staudacher SJ an Athanasius Kircher ist im Briefkapitel
besprochen (s. hier S. 519).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593