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614 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Veränderungen in
der Organisation
gegen die Jesuiten
Akademien
Accesi im medizinischen und theologischen Studium), später auch Ethik und politische
Wissenschaften. An der medizinischen Fakultät wurde ein Lehrstuhl für Chirurgie
eingerichtet, und es wurden chemische Experimente sowie botanische Exkursionen
eingeführt. Die Universität übernahm zusätzlich die Ausbildung von Chirurgen,
später auch die theoretische Ausbildung und Approbation von Hebammen, was zur
EinfĂĽhrung von Deutsch als Unterrichtssprache fĂĽr dieses Publikum fĂĽhrte. Inner-
halb der juridischen Fakultät wurde die Professur des Codex aufgelassen und das
bisherige Nebenfach öffentliches Recht zum Hauptfach erhoben. Die Professur für
öffentliches Recht, Naturrecht (die neu eingeführte juristische Leitwissenschaft der
Aufklärungszeit) und Reichsgeschichte wurde zur angesehensten und bestbezahl-
ten Lehrkanzel erhoben, während der Umfang, in dem kanonisches Recht gelehrt
wurde, verkleinert wurde. Der Fächerkanon der Theologen wurde um Hebräisch,
später noch um Patristik erweitert, um eine direkte Auseinandersetzung mit den
Quellen zu ermöglichen.
Auch die Organisation der Universität wurde mitunter verändert. Mit dem Pro-
tektor wurde ein neues höchstes Amt eingeführt und mit dem Vizekanzler des ge-
heimen Rats besetzt, sodass die Behörden direkten Zugriff auf inneruniversitäres
Geschehen bekamen. Auch innerhalb der einzelnen Fakultäten wurden den gewähl-
ten Dekanen vom Hof ernannte, z.T. externe Direktoren vorgesetzt und, zusam-
men mit ebenfalls z.T. externen Examinatoren, mit der Abhaltung von PrĂĽfungen
beauftragt. Der akademische Senat wiederum wurde verkleinert.
Ein Teil der staatlichen Eingriffe zielte darauf ab, den Einfluss des Jesuitenordens
an der Universität zurückzudrängen. Der Ordensprovinzial wurde verpflichtet, Pro-
fessorenwechsel der Regierung anzuzeigen und von ihr genehmigen zu lassen. Die
neu eingerichteten philosophischen Professuren der Ethik und der politischen Wis-
senschaften wurden nicht mit Mitgliedern der Gesellschaft besetzt, der Lehrstuhl
des kanonischen Rechts wurde ihnen entzogen. Auch an der theologischen Fakultät
bekamen die Jesuiten Konkurrenz, als zu den drei bestehenden jesuitischen Profes-
suren noch drei zusätzliche eingerichtet und mit Franziskanern, Zisterziensern und
Prämonstratensern besetzt wurden. Die unerwartete Aufhebung der Gesellschaft im
Jahr 1773 vollendete diese langsame Zurückdrängung der Jesuiten.
Auch wenn es seit etwa 1730 immer mehr Professoren gab, die entschiedene Be-
fürworter der Reformen waren, wurde die Innsbrucker Universität in dieser Periode
keinesfalls zu einem bedeutenden Zentrum der Aufklärung. Diese Rolle fiel in Tirol
privaten Akademien zu.
Die erste Akademie auf Tiroler Boden, die Accademia degli Accesi, war schon
1628 in Trient gegrĂĽndet worden. Sie war jedoch eine rein literarische Gesellschaft,
die neben der Erörterung sprachlicher und moralischer Fragen nur durch italie-
nische und lat. Gelegenheitsgedichte und Reden, meistens Huldigungen an den
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322