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624 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Elegie auf den
Tod Franz I.
Graser,
De praestantia
logicae Inspiration fĂĽr sich und seine Muse (Tu faecunda parens facundam reddere Musam
/ atque levare potes ; Bl. [1]v ; „Du, fruchtbare Mutter, kannst meine Muse beredt
machen und erheben“) und stellt in epischen Gleichnissen Zug und Festfreude
der Studenten einem römischen Triumphzug bzw. den Feiern der Trojaner nach
dem scheinbaren Abzug der Griechen zur Seite (Bl. [3]v). Dabei steht er seinem
Gegenstand gelegentlich mit leiser (Selbst-)Ironie gegenĂĽber, sodass sein Werk ein
wenig in die Nähe eines mock-epic rückt. Hierin wie in dem gleichzeitig überall
spĂĽrbaren Stolz auf die Leistungen der Innsbrucker Studentenschaft erweist es
sich als aussagekräftiges Dokument studentischen Selbstbewusstseins und -ver-
ständnisses um die Mitte des 18. Jhs. Interessantes erfährt man auch über die
studentische Festkultur : Was Wolff hier beschreibt, ist viel ungezwungener, weni-
ger aufwendig und zeremoniös als die kirchlichen Feiern, die er drei Jahre später
bedichten wird (s.u.).
Das einzige Gedicht auf das Ableben eines Habsburgers ist eine in Altdorf
(heute Weingarten in WĂĽrttemberg), erschienene anonyme Elegia von nur 54
Versen auf den Tod von Kaiser Franz I. am 18. 8. 1765 in Innsbruck. Es handelt
sich um eine Prosopopoiie der Stadt Innsbruck, die gemeinsam mit ganz Tirol
den Todesfall beklagt. Das kurze Stück lässt sprachlich öfters Ovids Exildichtung
anklingen und ist stellenweise durchaus effektvoll ; so erfolgt etwa die traditionelle
Wendung von der Klage zum Trost gegen Schluss hier in Form einer schroffen
Selbstkorrektur :
Proh dolor ! Hic nunc est funus, et umbra. – nego.
FRANCISCUS moritur labefacto corpore tantum :
Caesaris at nostri fama perennis erit.
Ach Schmerz ! Er ist jetzt Leichnam und Schatten. – Nein ! Franz stirbt nur insofern, als
sich sein Körper auflöst ; der Ruhm unseres Kaisers aber wird ewig sein.
Aus dem Rahmen der üblichen Panegyrik fällt konzeptionell wie qualitativ das
Maria Theresia gewidmete Lehrepos2 De praestantia logicae carmen („Gedicht über
die Vorzüglichkeit der Logik“) des Roveretaner Geistlichen und Lehrers Giovanni
Battista Graser (s. hier S. 821) aus dem Jahr 1756 (Walser 2011). Dieser verfasste
es eigentlich als Beitrag zu einer Festschrift für Maria Theresia anlässlich der Ein-
weihung des unter ihrer Ägide errichteten neuen Aulagebäudes der Universität
Wien. Doch da für diesen Sammelband mehr Beiträge angefordert wurden als
schlieĂźlich aufgenommen werden konnten und Graser sich gegen die klingenden
2 Zur Gattung vgl. Ludwig 1982 und CNLS 2, 38–45.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322