Page - 682 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Image of the Page - 682 -
Text of the Page - 682 -
682 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Brixner
Schuldrama
Joseph Resch lässt und dass man in höherem Maße mit regionalen Sonderentwicklungen rechnen
sollte, als man das bisher getan hat.
Obwohl sich die Brixner Fürstbischöfe seit dem frühen 17. Jh. darum bemühten,
die Jesuiten auch in ihrer Stadt ansässig zu machen, scheiterte dieses Unterneh-
men am Widerstand des Domkapitels, das auch vom Adel und der BĂĽrgerschaft
unterstĂĽtzt wurde. Dennoch hielt das System jesuitischer Schulbildung schon rela-
tiv frĂĽh in Brixen Einzug : Unter FĂĽrstbischof Christoph IV. Andreas Freiherr von
Spaur (1601–1613) wurde die Brixner Domschule nämlich in ein Gymnasium nach
jesuitischem Vorbild umgewandelt. Ob diese Orientierung am Jesuitengymnasium
schon im 17. Jh. auch das Theaterspielen betraf, entzieht sich unserer Kenntnis.
Der erste sichere Beleg – in Form eines hs. Spieltexts und einer Perioche – für
ein vom Brixner Gymnasium aufgefĂĽhrtes TheaterstĂĽck stammt erst aus dem Jahr
1735.20 Die Ausrichtung am jesuitischen Theaterbetrieb ist dabei nicht nur an der
Form der lat.-deutschen Perioche zu erkennen, die ganz dem bei der Gesellschaft
Jesu ĂĽblichen Muster folgt, sondern auch an der stofflichen Quelle : Die Geschichte
des Königs Erymanthus, die hier als Beispiel gestürzten Hochmuts erzählt wird –
der Titel lautet Superbia prostrata et humilitas exaltata („Der gestürzte Hochmut
und die erhobene Demut“ ; SEM, E 23, Bl. 97r–126r) –, stammt aus Jakob Bider-
manns Exempelsammlung Acroamata academica („Akademische Unterhaltungen“ ;
erstmals Luzern 1613). Die nächsten Belege für Dramenaufführungen stammen
aus den Jahren 1737 – ein Stück über den Schwabenherzog Konradin – und 1739
– eine (deutschsprachige) Dramatisierung der Genoveva-Legende. Eine fast kon-
tinuierliche Folge von Stücken lässt sich nur in der Periode von 1745 bis 1761
nachweisen (1755 und 1760 fehlen Belege). Fast alle in dieser Zeit entstandenen
StĂĽcke stammen aus der Feder eines einzigen Autors, Joseph Resch. Dass dieser die
herausragende Persönlichkeit des Brixner Schuldramas war, lässt sich nicht zuletzt
daraus erschlieĂźen, dass es nach seinem Weggang aus Brixen 1761 keine weiteren
Belege fĂĽr Theater am Gymnasium gibt.
Joseph Resch (1716–1782 ; vgl. hier S. 756–758) war selbst ein ehemaliger
SchĂĽler des Innsbrucker Jesuitengymnasiums und daher bestens mit dem dortigen
Schultheater vertraut. Er wurde 1742 als Lehrer und Präfekt ans Brixner Gym-
nasium berufen, in dem er zahlreiche Reformen durchfĂĽhrte und u.a. auch die
Bedeutung des Theaterspielens erhöhte. Die zahlreichen von ihm verfassten Stücke
wurden im Theatersaal der Brixner Hofburg aufgefĂĽhrt, der vermutlich schon vor-
20 Vgl. fĂĽr das Brixner Schuldrama und seinen geschichtlichen Hintergrund Mutschlechner 1975/76.
Mutschlechner spricht irreführend von „Jesuitendrama“, als ob Schultheater in der Nachahmung
jesuitischer Muster selbst „Jesuitendrama“ wäre. Die Bezeichnung sollte den von Jesuiten geschrie-
benen und aufgefĂĽhrten StĂĽcken vorbehalten bleiben.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322