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704 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Francesco Santoni
De studiorum
instauratione
Reformpädagogik Europa teils heftig geführt wurde. Passamani ist der Meinung, dass man sich sehr
wohl an Vorbilder halten sollte, sich jedoch über die Grundsätze der eigenen imita-
tio Rechenschaft ablegen müsse (5–7). Zwei Dinge scheinen ihm dabei wichtig zu
sein : Erstens mĂĽsse man den Autor, an den man sich halten wolle, genau studie-
ren und in sich aufnehmen (7–10). Zweitens dürfe man sich keinen Redner zum
Vorbild nehmen, dessen Anlagen mit den eigenen nicht übereinstimmten (10–13).
Passamani schließt mit dem durch ein Lukrezzitat (Lucr. 3,11–12) unterstützten
Bild von der Biene, die von Blume zu Blume fliegt und so ihren Nektar sammelt,
woran sich die SchĂĽler orientieren sollten (14). Hier wurde die zum Schuljahres-
beginn unumgängliche Rede also gewitzt benutzt, um unterrichtsrelevante Inhalte
zu transportieren.
Am selben Seminar wirkte Francesco Santoni. Er wurde am 21. Juni 1723 in
Ceniga (nördlich von Arco) geboren, im Alter von 20 Jahren zum Priester geweiht
und unterrichtete am Gymnasium von Arco Philosophie. 1771 wurde er an das
Seminar nach Trient berufen und als Rektor mit dessen Leitung betraut.7 Bischof
Cristoforo Sizzo (1762–1776) führte nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773,
von der auch das Jesuitenkolleg in Trient betroffen war, umfassende Reformen im
(nunmehr Bischöflichen) Seminar durch : Er betraute nicht mehr die Somasker,
sondern Weltpriester mit der Leitung und verlegte es in die frei gewordenen Räum-
lichkeiten des aufgehobenen Jesuitenkollegs (Flabbi 1907, 50–68). Sizzo griff aber
nicht nur in örtliche und personelle Angelegenheiten ein, sondern reformierte auch
die Studien, wovon wir u.a. aus einer Rede wissen, die Santoni in Anwesenheit des
Bischofs und der Seminaristen gehalten hat.
Die Rede De studiorum instauratione a celsissimo viro Christophoro Sizzo Triden-
tinorum episcopo et principe oratio („Rede über die Organisation der Studien durch
den höchsten Herren Cristoforo Sizzo, Fürstbischof von Trient“) wurde 1773 in
Trient gedruckt. Sie umfasst nach der Widmungsadresse an den Bischof 34 Druck-
seiten und ist in drei Hauptteile gegliedert : Zunächst (III–XI) behandelt Santoni
die Vorteile einer öffentlichen gegenüber einer privaten Erziehung junger Men-
schen. Dann (XII–XX) geht es um Inhalte und Methoden öffentlicher Erziehung,
zuletzt (XX–XXXIV) lobt der neue Rektor die Reformen, die Sizzo im Seminar in
Trient durchgesetzt hat.
Santoni sieht seine Schüler als automata („programmierbare Wesen“ ; X), die von
geeigneten Lehrern am besten in öffentlichen Schulen erzogen werden sollen. Er
stützt sich dabei auf die Autorität Quintilians, aber auch auf den wegen seiner
jansenistischen Ansichten umstrittenen französischen Reformpädagogen Charles
7 Santoni wurde später 1774 zum Propst von Arco ernannt und verstarb dort 1795 ; vgl. Tovazzi, Nr.
442 ; Gasser 3, 207–209.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322