Page - 776 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Image of the Page - 776 -
Text of the Page - 776 -
776 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Aufbau, Inhalt tolomei, der nach der Niederschrift der Rohfassung dieses Werkes im Jahr 1763
schwer erkrankte, lieĂź es durch seinen Sohn aus den Autographen (BCT, ms. 2156 ;
TLMF, Dip. 1047/2) redigieren und die Endfassung mit einer Widmung an den
Gouverneur der Lombardei, Graf Karl Firmian (1718–1782), versehen.
In sechs Abhandlungen (Edition : Wright 1981), die den ersten Teil des Werkes
bilden, erörtert Bartolomei seine grundlegenden sprachgeschichtlichen Vorstellun-
gen, auf welchen die eigentliche Argumentation im Hauptteil fuĂźt. Die Abhandlun-
gen zeichnen die Entwicklung verschiedener Sprachen in der Nachkommenschaft
Noahs nach, befassen sich mit den ersten Bewohnern Europas und ihren Sprachen,
den Etruskern, ihrer Abstammung von den Lydern, der Schrift der Lyder, Etrus-
ker, Griechen und Römer und schließlich mit den Deutschen. Die Ausführungen
über das Hebräische als Ursprache und über die Entwicklung einzelner Sprachen
orientieren sich – auch wenn Bartolomei in Details individuelle Ansichten vertritt
– an der Bibel und entsprechen im Grunde der damaligen communis opinio. So
war etwa die schon bei Livius und Plinius d.Ä. belegte Identifizierung der Räter
mit den von den Galliern nach Norden abgedrängten Etruskern damals allgemein
anerkannt. Im Wesentlichen auf Bartolomei selbst dĂĽrfte die Vorstellung zurĂĽck-
gehen, dass die etruskische Sprache (und damit auch das Rätische) ursprünglich
ein hebräischer Dialekt und Deutsch auch die Sprache der Skythen und Kelten
gewesen sei. Der Hauptteil des Werks versucht dann, hauptsächlich auf Basis von
Etymologie und Sprachvergleich, die ursprĂĽnglichen Bewohner Tirols zu bestim-
men. Der Autor beschäftigt sich in diesem Zusammenhang v.a. mit den deutschen
Sprachinseln entlang der Grenze zwischen Venedig und Tirol. Deren Bewohner
identifiziert Bartolomei, nicht zuletzt durch den Vergleich ihres Dialekts mit dem
Sächsischen, Dänischen und Schwedischen, als Überbleibsel der von C. Marius im
Jahr 101 v.Chr. zersprengten Kimbern. Diese Gleichsetzung ist zumindest fĂĽr die
deutschsprachigen Einwohner der Veroneser und Vizentiner Alpen, die auch heute
noch „Zimbern“ genannt werden, spätestens seit dem 16. Jh. eindeutig belegt und
wurde in der ersten Hälfte des 18. Jhs. auch von Gottfried Wilhelm Leibniz und
Scipione Maffei vertreten. Von Interesse ist auĂźerdem Bartolomeis Behandlung der
Einwohner von Badia (Abtei) im Gadertal. Ihre ladinische Sprache hält er für eine
Mischung aus Lat., Italienisch, Gallisch, Deutsch und einer unbekannten Sprache,
die er als Hebräisch bestimmen zu können glaubt, um deren Sprecher als Nach-
kommen der Räter zu identifizieren. Das Niveau von Bartolomeis Etymologien ist,
selbst fĂĽr seine Zeit, mitunter sehr niedrig, wie z. B. Tridenti nomen a voce gallica
ex tritt- et -ein composita, quae ingresssum perfugiumque sonat (TLMF, FB 2117,
Bl. [66]r von Kap. 2 des Hauptteiles ; „Der Name von Trient [kommt] von einem
gallischen Wort, zusammengesetzt aus tritt- und -ein, das den Eingang oder die
Zuflucht ausdrückt“). Den Schluss des Werkes bildet ein Catalogus multorum ver-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322