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802 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Ignaz Weitenauer
Hexaglotton
geminum Ein Lehrer Primissers in Innsbruck, der dessen Interesse an Sprachen maĂźgeblich
gefördert haben dürfte (Bergmann 1861, 7, 9 ; BBKL 22, 1118), war der Jesuit
Ignaz Weitenauer, der an der philosophischen Fakultät von 1753 bis 1773 Grie-
chisch und Hebräisch unterrichtete. Außer durch zahlreiche wissenschaftliche
Werke, die ihm auch ĂĽberregional groĂźe Anerkennung brachten (Auflistung und
kurze Würdigung bei Falkner 1969, 150–151 ; Coreth 1995, 17–18), trat er auch
als Lyriker und Dramatiker hervor (Gasser 4, 164–166 ; BBKL 13, 697–699). Der
groĂźe Philologe und Universalgelehrte hat in seiner Innsbrucker Zeit auf Lat. ein
monumentales philologisches Ĺ’uvre geschaffen, das neben zahlreichen Schrif-
ten zur Bibelexegese (vgl. hier S. 830–832) eine Fülle weiterer Genera abdeckt
– von den volkssprachlichen Werken, unter denen ein zuerst 1764 in Augsburg
gedrucktes, vielfach neu aufgelegtes orthographisches Lexikon des Deutschen he-
rausragt, ganz zu schweigen. Aus dem Bereich der Lexikographie sind sein erst-
mals 1758 ebenfalls in Augsburg erschienenes Lexikon zur Vulgata, das bis 1866
nachgedruckt wurde, und ein Hierolexicon („Heiliges Lexikon“ ; Augsburg 1759)
des Hebräischen, Aramäischen und Syrischen zu erwähnen. Schon 1756 kam in
Ulm eine Nova grammaticae biblicae methodus („Neue Methode der biblischen
Grammatik“) heraus. Im Bereich der Poetik und Rhetorik adaptierte Weitenauer
die horazische Ars poetica im Zuge eines fortlaufenden Kommentares so, dass sie
sich auf alle Arten von geistlicher und weltlicher Dichtung und Prosa anwenden
lieĂź (Q. Horatii Flacci Ars poetica, Augsburg/Freiburg i.B. 1757). Im Folgenden
seien nur zwei Werke etwas näher besprochen : Weitenauers originellster Versuch
im Bereich der Sprachdidaktik und ein Beispiel fĂĽr seine wissenschaftliche philo-
logische Arbeit.
Im vollständigen Titel des erwähnten Hierolexicon findet sich am Schluss der
Zusatz, dort werde auch „die Grammatik jeder dieser Sprachen innerhalb weniger
Stunden erledigt“ (cuiusque harum linguarum grammatica intra paucissimas horas
absolvitur). Damit ist ein Gedanke angedeutet, der Weitenauer offenbar intensiv
beschäftigt hat : Ausgehend von der Tatsache, dass der Gelehrte es im 18. Jh. mit
einer Vielzahl toter und lebender Fremdsprachen zu tun bekommen konnte, die
er nicht unbedingt aktiv, wohl aber passiv beherrschen sollte, bemĂĽhte er sich um
eine Methode, mit deren Hilfe man in möglichst kurzer Zeit die Fähigkeit erlan-
gen sollte, einen Text in einer beliebigen Sprache zu lesen. Eine solche stellte er
nehmen : Seine 15 Seiten umfassende Schrift De Romanensibus Helvetiae et Teriolis gentibus („Über
die romanischen Völker der Schweiz und Tirols“), die 1832 im Rahmen eines Berliner Schulpro-
gramms erschien, untersucht und widerlegt auf sprachwissenschaftlicher Grundlage die damals
noch häufig geäußerte Behauptung, die Rätoromanen stammten von den Etruskern ab. Anhand
von Wortlisten weist Walter nach, dass der überwiegende Teil des rätoromanischen Vokabulars aus
dem Lat. stammt, wogegen sich etruskisches Wortgut nicht nachweisen lässt.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322