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Theologie und kirchliches Schrifttum 817
Prack,
Praelectiones
allgemeine
Charakteristik
inhaltliche
Aspekte
Prädestination
Entsprechend dem hohen Stellenwert, welcher der Dogmatik noch um die Mitte
des 18. Jhs. zukam, entstanden damals zahlreiche einschlägige Werke. Exemplarisch
seien die 1750 in Bozen gedruckten Praelectiones theologicae in primum Sententia-
rum librum de Deo uno et trino („Theologische Vorlesungen zum ersten Buch der
Sentenzen über den einen und dreifaltigen Gott“) des Albert Martin Prack genannt.
Prack (1711–1781) wurde in Innsbruck geboren und an der dortigen Universität
ausgebildet. Er trat 1730 in das Augustiner-Chorherrenstift Gries in Bozen ein,
wurde 1734 zum Priester geweiht, war 1736–1751 als Lektor tätig und wurde 1752
zum Propst gewählt (Gasser 3, 95–96).
Bei den Praelectiones handelt es sich nicht, wie ihr Titel vermuten lieĂźe, um ei-
nen Kommentar im eigentlichen Sinne zum ersten Buch der Sentenzen des Petrus
Lombardus, sondern vielmehr um ein ĂĽber 730 Seiten starkes Lehrbuch. Zu wĂĽr-
digen sind sie weniger als eigenständige wissenschaftliche Leistung denn als Spiegel
dessen, was damals in Klosterschulen vermittelt wurde (Pattis 1985, 285–287). Das
Werk ist klar aufgebaut : Seine beiden Hauptteile (ca. 600 bzw. 130 Seiten ĂĽber
den einen und den dreifaltigen Gott) weisen eine jeweils dreifache Untergliederung
auf. Im Einzelnen folgen auf Feststellungen und Erläuterungen in der Regel eigene
Aussagen samt Beweisen, möglichen Gegenargumenten und deren Entkräftung.
In der Sache betont Prack die Nähe seiner Standpunkte zu jenen der Jesuiten und
verteidigt die scholastische Theologie einschlieĂźlich der dialektischen Methode (6).
Als seine Quellen nennt er die Bibel, das kirchliche Lehramt, KonzilsbeschlĂĽsse,
die Kirchenväter und scholastische Theologen ; als ancillae („Mägde“) akzeptiert er
auch natürliche Vernunft, Philosophie und Geschichte (26–27).
Aus der Fülle der Inhalte können nur einzelne Schwerpunkte herausgegriffen
werden, vorrangig solche, die Vergleiche mit bereits gewürdigten Autoren ermögli-
chen. Mit Zingnis teilt Prack erkenntnistheoretische Vorbehalte, die sich auch fĂĽr
ihn aus den Nachteilen ergeben, welche die viatores („Wanderer“) gegenüber den
beati („Seligen“) haben (32, 57). An Grustner erinnern seine Versuche, die Existenz
Gottes zu beweisen und den monotheistischen Charakter des Christentums hervor-
zuheben. Prack ist jedoch ausfĂĽhrlicher und differenzierter und argumentiert eher
theologisch als philosophisch (38–55). In der sprachlich subtilen Diskussion der
Prädikate und Attribute Gottes, die zu dessen Wesen hinführen sollen, bemüht er
sich um präzise Abgrenzung von anderen Schulen, insbesondere den Scotisten und
den Thomisten (58–79). Allerdings ist Gottes Wesen letztlich von Attributen unab-
hängig und nur für die Seligen sichtbar ; nur sie gelangen zu einer Erkenntnis, die
intuitiva, quidditativa und beatificans (207 ; „bildhaft klar“, „das Wesen erfassend“,
„seligmachend“) ist.
Seinen Höhepunkt erreicht das Werk in der Behandlung der Prädestinationsthe-
matik, die Prack die in tota theologia scholastica famosissima controversia (290 ; „in
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322