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858 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Anfang (principium) ein Alpha, dem Ende (finis) ein Omega usw. Intelligentia principiorum
(„Einsicht in die Grundprinzipien“ ; § III) : Die 18 Begriffe der ersten beiden Zirkel sind
die Grundprinzipien und die Basis für alles andere. Sie schließen alles Wissbare in sich ein
(5 ; intra se claudunt omne scibile) und lassen sich von jedem Gegenstand aussagen. Termini
reducibiles et aequivalentes („Rückführbare und gleichwertige Begriffe“ ; §
IV) : Alle Begriffe
können auf andere zurückgeführt oder durch gleichwertige umschrieben werden. So ergibt
sich eine umfangreiche Synonymik, die für die ersten beiden Zirkel ausgeführt wird, z.B.
für den Begriff der bonitas : […] sub bono intelligas quidquid honestum, utile, delectabile, de-
siderabile, acceptabile, commodum, dignum, aequum, iustum, benignum, congruum, liberale,
communicabile, diffusivum sui, decorum, nobile, clarum, pulchrum, conveniens, perfectum,
Sanctum, unum, esse etc. („[…] unter dem Guten kannst du alles verstehen, was ehrenvoll,
nützlich, erfreulich, wünschenswert, angenehm, bequem, würdig, gerecht, gütig, gezie-
mend, freigebig, kommunikativ, mitteilsam, zierlich, vornehm, klar, schön, vollkommen,
heilig, eins, Sein usw. ist.“) Practicum inventionis exemplar („Praktisches Beispiel für eine
Auffindung“ ; § V) : Ein Thema kann, vorläufig noch ohne Kombinationen, spalten- oder
zirkelweise erörtert werden. Als Beispiel dient das Leitwort castitas („Keuschheit“). Auf die
bonitas bzw. ihre Synonyme angewandt, könnte man formulieren, dass die Keuschheit gut,
ehrenvoll, würdevoll, erhaben, herrlich ist ; darüber hinaus könnte man daran denken, dass
sie eine Tugend ist, die im Buch der Weisheit (Weish 4,1) verherrlicht wird usw. Auf die
spaltenweise Erörterung der Keuschheit durch alle Begriffe des Zirkels folgt der Anfang
einer Musterpredigt zu diesem Thema. Modus combinandi („Art der Kombination“ ; §
VI) :
Verschiedene Arten der Kombination von Begriffen werden vorgestellt : innerhalb eines
Zirkels – z.B. die Aussage „die Güte (bonitas) ist etwas Großes (magnitudo)“ –, verschie-
dene Zirkel zusammen usw. Grundsätzlich sind alle Begriffe miteinander kombinierbar.
Dazu kommen noch zahllose Synonyme. Die Reihe möglicher Kombinationen ist damit
praktisch unendlich. Methodus se fructuosius exercendi („Methode, um sich gewinnbringen-
der zu üben“ ; §
VII) : Einige praktische Tipps zum Umgang mit der Lehre : Übung macht
den Meister ! Die Synonymik will genau studiert sein ! Keine Spitzfindigkeiten ! Nicht mit
dem Kopf durch die Wand ! Inventionis paradigmata breviora („Kürzere Beispiele für die
Auffindung“ ; § VIII) : Zwanglose Beispiele, die Iuvenalis angeblich während einer Schiff-
fahrt auf dem Inn von Innsbruck nach Mühldorf in Bayern eingefallen sind. Je ein Thema
bzw. Satz vom Typ „Über Verzeihung von Beleidigungen“ wird durch je eine Spalte des
Zirkels geführt. Artis huius regulae divinis attributis applicatae („Die Regeln dieser Kunst
auf die göttlichen Eigenschaften angewandt“ ; §
IX) : Die 18 Grundprinzipien sind eigent-
lich die wahren Eigenschaften Gottes – nur ihm kommen sie in vollem Sinn zu, während
sie dem geschaffenen Sein lediglich in eingeschränktem Sinn zukommen. Diese Begriffe
eignen sich deshalb auch vorzüglich als Denkkategorien für verschiedene Gottesbeweise,
von denen einige skizziert werden. Serviunt quoque ad meditandum et contemplandum („Sie
dienen auch zum Meditieren und Kontemplieren“ ; §
X) : Die Anschauung der einschlägi-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322