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894 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Kirchenrecht in
Innsbruck
Wolfgang
Obermayr ben“ ; o.O. 1786 ; vgl. auch Marchisello 2008, 497). Von einem Prozessgutachten
geht auch die Dissertatio de servitutibus realibus („Abhandlung über die Reallas-
ten“ ; Venedig 1762 ; vgl. Pilati 1874, 55) aus ; sie behandelt das Thema dann aber
auf einer grundsätzlicheren Ebene. Pilatis wichtigste lat. Publikationen dürften je-
doch seine naturrechtlichen Schriften sein. Unter den BĂĽchern, in denen er seine
diesbezĂĽglichen Vorstellungen darlegt, befinden sich neben italienischen wie den
Ragionamenti intorno alla legge naturale e civile (Venedig 1766) auch zwei lat.: Die
ĂĽber 700 Seiten umfassenden Exercitationes in titulos de iustitia et iure et de origine
iuris („Übungen zu den Titeln Über die Gerechtigkeit und das Recht und Über den
Ursprung des Rechts“ ; Bruneck 1760) dürften ihre Überlegungen, wie das damals
nicht unĂĽblich war, in Anschluss an die beiden ersten tituli der Digesten (Dig.
1,1–2) entfalten, die von Grundsatzfragen des Rechtes und der Rechtsgeschichte
handeln.5 Das Iudicium de duobus patris Ioannis de Deo Steidelii libris („Urteil über
zwei Bücher des Paters Giovanni di Dio Staidel“ ; Lugano 1766 ; vgl. Pilati 1874,
54–55, 61–65 ; Venturi 1976, 253–254) setzt sich polemisch mit Staidels zuvor be-
sprochenem Buch (und einem weiteren theologischen Inhalts) auseinander. Unter
anderem spricht Pilati dem Franziskaner die Fähigkeit ab, sich als reiner Theologe
kompetent zum Naturrecht zu äußern (18), und weist ihm nach, dass er die ganze
moderne Debatte zum Thema mit Exponenten wie Hugo Grotius (1583–1645)
oder Samuel Pufendorf (1632–1694) verschlafen hat und somit weit hinter seiner
Zeit zurĂĽck ist (8) –Â
eine Kritik, die im Ăśbrigen auch Rieggers Systema trifft. Wohl
eher, um unbefangen über seine eigenen früheren Beiträge zur Debatte sprechen zu
können (z.B. 20), als aus Sorge um seine persönliche Sicherheit publizierte Pilati
das Iudicium unter dem Ananym Lapi Coraliti.
Der Lehrstuhl fĂĽr Kirchenrecht, das im 17. und 18. Jh. eine BlĂĽte erlebte, war
von 1671 bis 1770 in jesuitischer Hand. Die ursprĂĽnglich provisorische Regelung,
fĂĽr welche die niedrigen Gehaltsforderungen der Jesuiten ausschlaggebend waren
(Huter 1997, 289), hielt sich ein volles Jahrhundert, ehe die antijesuitische Stim-
mung in Wien zu ihrer Aufhebung fĂĽhrte. Da die Gesellschaft Jesu ihre Mitglieder
oft schon nach wenigen Jahren an eine andere Universität versetzte, kam es zu
häufigen Personalwechseln. Die zahlreichen Innsbrucker Kanonisten publizierten
trotz ihrer meist nur kurzen Tätigkeit an der dortigen Alma Mater eine Fülle von
Schriften.
Einer der frühesten Lehrstuhlinhaber war Wolfgang Obermayr SJ (1637–1685).
Obermayr hatte in Ingolstadt Philosophie und Theologie studiert und u.a. in Dil-
lingen und Freiburg i.B. gelehrt. In Innsbruck blieb er von 1677 bis 1681. Danach
ging er nach Ingolstadt (Romstöck 1898, 151–153 ; Grass 1951, 159). 1680 ließ er
5 Das Werk, das in der Pilati-Forschung so gut wie unbekannt scheint, war leider nicht zugänglich.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322