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896 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Wex, Manipulus Obermayrs Nachfolger war Petrus Zendron (vgl. hier S. 649), der mit der Ratio
anima legum („Vernunft, die Seele der Gesetze“ ; Innsbruck 1686) und den Quaesti-
ones ex iure pontificio de consuetudine („Fragen aus dem päpstlichen Recht über das
Gewohnheitsrecht“ ; Innsbruck 1687) zwei kanonistische Werke hinterließ. Ihm
folgte 1687 Jakob Wex SJ (1645–1711), ein Elsässer, der zuvor in Ingolstadt und
Innsbruck Philosophie und spekulative Theologie unterrichtet hatte und bis 1695
in Innsbruck blieb (Gasser 4, 170 ; Grass 1951, 159–160). Sein Hauptwerk, die
fünfbändige Ariadne Carolino-canonica seu doctrina theorico-practica Sanctissimorum
Canonum („Karolinisch-kirchenrechtlicher Leitfaden oder theoretisch-praktische
Lehre des hochheiligen Kirchenrechts“), die für ihren Praxisbezug und ihre Über-
sichtlichkeit gelobt wird (ADB 42, 265–266), erschien erst 1708 in Dillingen und
bezieht sich nur punktuell auf Tirol. Schon während seines Aufenthalts in Inns-
bruck entstand dagegen der Manipulus decimarum sive quaestiones X canonicae et
plures controversiae de decimis („Eine Handvoll Zehnte oder zehn kirchenrechtli-
che Fragen und mehrere Kontroversen über die Zehnte“ ; Innsbruck 1692). Wie
der Titel angibt, handelt es sich um eine Monographie zum Kirchenzehnt in zehn
quaestiones sowie vier eingeschobenen controversiae zu besonders wichtigen oder
umstrittenen Fragen. Der Anhang umfasst ein alphabetisches Fragenverzeichnis
und 50 kirchenrechtliche Thesen.
In der ersten und zweiten quaestio (S. 1–8, 8–14) behandelt Wex kurz Definition und
Einteilung des Zehnts. Die dritte (S. 14–35) widmet sich seinen Rechtsgrundlagen : Laut
Wex werden die decimae nach positivem Recht geschuldet, das schon im AT niedergelegt
sei. Die vierte quaestio (S. 36–70) bespricht die zur Zehntleistung verpflichteten Personen :
Grundsätzlich mussten sie getauft sein, es gab jedoch Ausnahmen ; andererseits konnten
Priester, soweit ihre GĂĽter nicht durch Reallasten belastet waren, und Arme per Dispens
befreit werden. In der fünften quaestio (S. 70–108) werden die Begünstigten aufgezählt.
Allgemein gesprochen war zunächst die Pfarre begünstigt, wobei die Beiträge dann auf
Bischof, Priester und sonstiges Kirchenpersonal aufgeteilt wurden. Um in ihren Genuss
zu gelangen, war jedenfalls der Besitz einer Pfründe nötig. Die Art der Leistung behan-
deln die sechste und siebte quaestio (S. 109–119, 120–126) : Bei Grundstücken war sie in
Naturalien, bei persönlichen Obligationen in Geld zu leisten. Der Zehnt war eine Bring-
schuld : Die Schuldner mussten ihn zum Jahresende von sich aus zum Pfarrer bringen. In
der achten quaestio (S. 126–152) kommen rechtliche Natur und Wirkungen des Zehnts
zur Sprache : Während der Schuldner durch die Leistung der Abgabe Anspruch auf Lohn
im Himmel gewann, erhielt der Pfarrer quasi dominium („Scheineigentum“) an den ge-
zogenen FrĂĽchten. Der Beendigung des Anspruchs widmet sich die neunte quaestio (S.
153–165). Die wichtigsten Gründe waren das Erlöschen durch Gewohnheitsrecht oder
durch päpstliche Weisung. In der Schluss-quaestio (S. 166–175) werden kurz dem Zehnt
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322