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Rechtswissenschaft 897
Seybold,
Dicaeomachia
ähnliche Institute wie das Messopfer (primitiae) oder die Opfergaben (oblationes) beschrie-
ben. Die controversiae sind in die dritte, vierte, fĂĽnfte und achte quaestio integriert.
Ein volles Vierteljahrhundert (1712–1737) unterrichtete Joseph Seybold SJ (1672–
1743), einer der „ausgezeichnetsten Juristen dieser Zeit“ (Probst 1869, 95), in
Innsbruck Kirchenrecht. Zuvor hatte er am Augsburger Lyzeum und in Dillingen
gelehrt. Nach seiner Abberufung wurde er Prosynodalexaminator und Pönitentiar
des Bischofs von Konstanz (De Luca 1782, 70 ; Gasser 2, 270 ; Grass 1951, 161).
Von vier Werken, die er in Innsbruck verfasste, sei hier eines vorgestellt, das sich
wie Heizmans Conflictus (s.0.) dem Krieg widmet, wobei es sich diesem Thema al-
lerdings auf Umwegen nähert : Dicaeomachia sive erotemata iuridico-polemica de iure
et iustitia certaminum et bellorum („Gerechtigkeitskampf oder juristisch-polemische
Fragen über Recht und Gerechtigkeit von Kämpfen und Kriegen“ ; Innsbruck
1714). Die Schrift gliedert sich nach einem Vorwort in drei Teile zu zweimal sieben
und einmal sechs Abschnitten (sectiones).
Im Vorwort rechtfertigt Seybold seine Themenwahl : Obwohl der Krieg kein Gegenstand
sei, mit dem ein Priester sich zu sehr beschäftigen sollte, habe er das Werk verfasst, um die
Einhaltung der Regeln einzumahnen. Der erste Teil, De iure et iustitia, soll die Grund-
lage für das Folgende bilden. Zunächst werden die verschiedenen Arten von Recht wie ius
divinum („göttliches Recht“), ius naturale („Naturrecht“) usw. und ihre Einflussbereiche
behandelt (Abschn. 1–4), wobei das Kriegsrecht anlässlich des ius gentium („Völkerrecht“)
schon kurz gestreift wird. Die Diskussion der iustitia konzentriert sich auf die praktische
Anwendung dieser Tugend durch den Fürsten bei der Auswahl der Amtsträger und in
der Staatsverwaltung (Abschn. 5–7). Der zweite Teil, De monomachia („Über den Zwei-
kampf“), beginnt mit einem ausführlichen Exkurs über die Geschichte des Zweikampfs bei
verschiedenen Völkern (Abschn. 1). In Abschn. 2, De superstitionibus et invulnerabilitatibus
(„Über Aberglauben und Unverwundbarkeit“), erläutert Seybold anhand von Beispielen
den möglichen Einfluss von Dämonen und Engeln auf den Kampfverlauf. Das Verbot des
Zweikampfes wird in Abschn. 3 erörtert. Als wahnsinnig und schändlich wird insbeson-
dere die monomachia suscepta ob punctum honoris („Zweikampf wegen Ehrverletzung“),
d.h. das Duell gerügt ; gläubige Christen sollten es auf jeden Fall vermeiden (Abschn. 4).
In einem Exkurs (Abschn. 5) werden dann die damals schon verbotenen Gottesurteile
behandelt. Seybold verwirft zwar als Theologe die Möglichkeit eines göttlichen Eingrei-
fens nicht von vornherein, gesteht jedoch die Unzuverlässigkeit von Methoden wie Was-
ser- und Feuerprobe ein. In Abschn. 6 kehrt er zum Duell zurĂĽck und behandelt seine
Bestrafung : Allen Beteiligten droht die Exkommunikation ; am schwersten ist der provo-
cator („Herausforderer“) zu bestrafen. Anschließend werden Ausnahmefälle aufgezählt, in
denen ein Zweikampf aus Gründen des öffentlichen Wohls oder der Selbstverteidigung
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322