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898 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Charakteristik
Söll, Tractatus
singulares
göttliches Recht
und Kirchenrecht gerechtfertigt erscheint, und schlieĂźlich noch das Turnierwesen behandelt (Abschn. 7).
Erst der dritte Teil des Werkes, De bello, ist wirklich dem Krieg gewidmet, wobei Seybold
generell eher allgemeine Vorschriften als konkrete Gebote und Verbote bietet. Nach einer
geschichtlichen EinfĂĽhrung (Abschn. 1) wird das Thema in chronologischer Ordnung von
der Kriegserklärung bis zum Friedensschluss behandelt (Abschn. 2–6). Auf breitem Raum
wird dabei in Abschn. 4 das bellum iustum („gerechter Krieg“) diskutiert. Gerechte Kriegs-
gründe sind – anders als bei Heizman (s.o.) – nicht etwa Vergehen gegen Gott selbst, wohl
aber solche gegen christliche Untertanen. Was die militärischen Befehlshaber angeht, so
wird es scharf getadelt, wenn sie den Sold unterschlagen, die Soldaten schlecht verpflegen
oder sich in Dörfern dafür bezahlen lassen, dort nicht Quartier zu machen (Abschn. 5).
Eher kurz kommt schließlich in Abschn. 6 das ius in bello („Recht im Krieg“) zur Sprache.
Auffallend an Seybolds Schrift sind insbesondere die vielen historischen Beispiele :
Oft reiht er drei oder vier solche exempla, die er mit Vorliebe dem AT entnimmt,
einfach aneinander. Zu Themen, die ihn interessieren, kann er auch dann einen
eigenen Abschnitt einschieben, wenn das nicht notwendig fĂĽr die Behandlung des
Generalthemas ist. Bei der Auswahl seiner Quellen stĂĽtzt er sich eher auf Theologen
als auf Juristen. Mit seiner persönlichen Meinung hält er nicht hinter dem Berg.
Anton Söll SJ (1676–1741) stammte aus einer bekannten Brunecker Familie.
Er lehrte in Trient, Augsburg und Ingolstadt Grammatik, Philosophie und Kir-
chenrecht und stand 1724–1734 im Dienst des Brixner Bischofs. Seit 1736 hatte
er die Innsbrucker Lehrkanzel fĂĽr Kirchenrecht inne. Er machte sich u.a. um den
Kult der Hl. Notburga verdient und hinterlieĂź ein umfangreiches kanonistisches
Œuvre (Tovazzi, Nr. 187 ; Gasser 3, 281–282 ; Grass 1951, 161–162). Gegen Ende
seines Lebens plante er offenbar eine Gesamtausgabe seiner Tractatus singulares de
legibus, praescriptionibus, iudiciis causarum civilium, decimis novalium, tributis et
immunitate ecclesiastica („Einzelabhandlungen über Gesetze, Vorschriften, Urteile
in zivilrechtlichen Angelegenheiten, Zehnte von Brachen, Abgaben und kirchliche
Immunität“). Unter diesem Titel erschien nämlich postum (Augsburg 1742) ein
Band von rund 400 Seiten, der allerdings nur die Abhandlungen De legibus und De
praescriptionibus enthält. Die systematische Gliederung mit laufender Paragraphen-
zählung und ein detaillierter Index kirchenrechtlicher Sachbegriffe weisen ihn als
wissenschaftliches Referenzwerk aus.
Der Tractatus de legibus, der den ersten Teil des Bandes ausmacht, besteht sei-
nerseits aus drei Abschnitten, von denen der erste das positive Recht, der zweite
das Naturrecht, der dritte ausgewählte Einzelfragen behandelt. Aus diesem dritten
Abschnitt seien hier exemplarisch die Ausführungen De lege positiva divina („Über
das positive göttliche Gesetz“ ; 167–173) betrachtet. Söll bemüht sich in ihnen,
die Kompetenzbereiche von Gott und Mensch klar voneinander abzugrenzen. Was
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322