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Beredsamkeit 947
Stil
zwei
Universitätsreden
von Weinhart
erste Rede
zweite Rede
zudem 1803 die weltliche Macht der Trientner Bischöfe gebrochen worden war,
drängte sich Pilati als laudandus geradezu auf.
Sadis schreibt ein Lat., das sich trotz längerer Perioden um Übersichtlichkeit und
Verständlichkeit bemüht ; bezeichnend hierfür ist die häufige Epanalepse des Satz-
anfangs nach längeren Einschüben, wie sie gleich in der ersten Periode begegnet.
Sein Erzählstil ist relativ nüchtern ; emotionaler sind die laudativen Passagen, die
gelegentlich in hymnischen Höhepunkten kulminieren (vgl. z.B. den gut in eine
Schulrede passenden Hymnus auf das Streben nach Wahrheit auf S. [17]).
An lat. Universitätsreden sind hs. (TLMF, Dip. 978/10) zwei Beispiele aus
Innsbruck erhalten, die beide der Exjesuit und Professor fĂĽr Mathematik und
Experimentalphysik Ignaz von Weinhart (vgl. hier S. 847) gehalten hat. Die erste
(2–14) wurde am 10. 12. 1774 anlässlich der Verkündung neuer akademischer
Statuten, die zweite (15–26) am 30. 8. 1779 bei der Verleihung der Baccalaureate
vorgetragen.
Die erste Rede möchte die Studenten, deren Disziplinierung ein wichtiges An-
liegen der Statuten gewesen sein dĂĽrfte,5 dazu bewegen, sich diesen willig zu fĂĽ-
gen. Sie steht unter Kaiser Joseph I., des Sohns des Universitätsgründers, Motto
Amore et timore und gliedert sich in zwei Teile (zu je drei Abschnitten), die diesen
beiden Affekten gewidmet sind. Der erste (3–6) spricht über die Vorzüge der Sta-
tuten und die Liebe, die man natĂĽrlicherweise fĂĽr sie empfinden muss, der zweite
(6–14) greift aus dem Publikum einen hypothetischen Tunichtgut – libertinophilus
(„Freund schrankenloser Freiheit“) – heraus und versucht diesen zu bändigen, in-
dem er ihm Furcht vor den Folgen seiner Übertretungen einflößt.
In seiner zweiten Rede wendet Weinhart sich an die frischgebackenen Baccalau-
rei, und zwar v.a. an die seiner eigenen Fakultät, die er nächstes Jahr in Physik und
angewandter Mathematik unterrichten wird. Er skizziert die Bedeutung dieser Ge-
biete im Rahmen der Philosophie (als deren Teile sie noch gelten) und gibt seinen
Hörern einen Vorgeschmack auf das, was sie erwartet. Dabei bricht er, ausgehend
von der Feststellung, die Philosophie grĂĽnde sich auf Vernunft und Erfahrung (16),
eine Lanze fĂĽr das Experiment, dessen Freuden er geradezu hymnisch preist : Es
bewirke (21),
Gymnasien“ ([4]) zusammenhängt und wenn ja, wie, ist unklar. – Aufgrund der kurzen Dauer der
napoleonisch-italienischen Herrschaft im SĂĽden Tirols wurde das Dekret wohl nur im Jahr 1812
umgesetzt.
5 Leider ist der Verbleib dieser Statuten nicht ganz klar, doch vielleicht sind sie identisch mit einem
Monitorium auf Bl. 164r–165v des O.ö. Kammer-Kopialbuchs, Bd. 1505, Reihe Geschäft von Hof,
Nr. 276, Jahr 1774, des TLA. Dort findet sich auf Bl. 164v ein Abschnitt über „Bildung wohl gesit-
teter Schüeller“ und „schädliche Freyheith“.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322