Page - 954 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Image of the Page - 954 -
Text of the Page - 954 -
954 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Tendenzen
Karl Joseph
Michaeler sor für verschiedene Fächer an der Innsbrucker Universität wirkte : 1775 hielt er
eine erst später publizierte Antrittsvorlesung im Fach Geschichte mit dem Titel
De historici studii amoenitate atque utilitate deque historicorum delectu („Über die
VergnĂĽglichkeit und den Nutzen des Geschichtsstudiums und ĂĽber die Auswahl
der Historiker“ ; Innsbruck 1779). Clementino Vannetti (vgl. hier S.Â
694) wĂĽrdigte
Grasers Vortrag noch im selben Jahr recht ausfĂĽhrlich in seiner Funktion als Sekre-
tär der Roveretaner Akademie in einer Notiz in seinen 1792 in Pavia auch gedruckt
erschienenen Sermones („Gespräche“ ; 46–47).
Als Zweck seiner Antrittsvorlesung gibt Graser an, er wolle der studierenden Jugend zei-
gen, dass das Geschichtsstudium Nützliches mit Angenehmem zu verbinden weiß (7–9).
Zunächst wird das Angenehme und Lustvolle am Studium beschrieben, z.B. das Kennen-
lernen exotischer Völker oder die Beschäftigung mit dramatischen und packenden Er-
zählungen (7–14). Im Abschnitt über den Nutzen des Geschichtsstudiums (14–26) führt
Graser v.a. die exempla ins Feld, die in vielen Bereichen gute Dienste leisten. Der letzte
und längste Abschnitt (26–66) ist der sinnvollen Auswahl von Historikern gewidmet. Als
positiv wird Augenzeugenschaft oder das Zitieren unzweifelhafter Quellen genannt. Prob-
lematisch werden u.a. nationale oder religiöse Zugehörigkeit oder die starke Einflussnahme
von Auftraggebern gesehen.
Bemerkenswert ist an diesem Werk, dass das protreptische Grundanliegen durch
das Anpreisen kritischer Methoden und kritischer Geschichtsbetrachtung erreicht
werden soll. Gleichzeitig gibt es aber Passagen, in denen Graser unkritisch gegen
bestimmte Historiker polemisiert, etwa in der Frage, ob die Welt doch älter sein
könnte als die für Adam und Eva errechnete Epoche (22–26). Diese Reverenz der
Kirche gegenüber mag mit dem öffentlichen Charakter der Vorlesung erklärt wer-
den, bei der sich der neue Professor fĂĽr Geschichte einem breiteren Publikum hoch-
gestellter, sicherlich auch kirchlicher Würdenträger präsentieren wollte.
Vergleichbar mit dem eben beschriebenen Werk dĂĽrfte die Antrittsvorlesung De
studii historici in patria necessitate („Über die Notwendigkeit von geschichtlichen
Studien im Vaterland“ ; TLMF, Dip. [verschollen] ; zitiert nach Gasser 2, 262) des
1777 berufenen Professors für Geschichte Karl Joseph Michaeler (1735–1804 ; vgl.
Abb. 154) gewesen sein. Der Innsbrucker unterrichtete nach seinem Eintritt in die
Gesellschaft Jesu an verschiedenen sĂĽddeutschen und Tiroler Jesuitengymnasien,
ehe er an die Universität seiner Heimatstadt berufen wurde. Er war Mitglied der
„Tirolischen Gesellschaft für Künste und Wissenschaften“ sowie der Freimaurerloge
„Zu den drei Bergen“ und fungierte als Rektor der Universität, als diese 1782 in ein
Lyzeum umgewandelt wurde. Daraufhin ging er nach Wien, wo er bis zu seinem
Tod als Kustos der Universitätsbibliothek wirkte. Bekannt ist er heute besonders als
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322