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958 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
pragmatische
Geschichts-
schreibung
Vorbilder
Andreas Benedikt
Feilmoser bislang allerdings zu wenig Aufmerksamkeit gegolten. Dies sei umso bedauerlicher,
als protestantische Autoren in diesem Bereich schon seit langem eifrig tätig seien,
deren Werke ad miseros homines in errore detinendos plurimum … valere videntur (S.
7 ; „in hohem Maße dazu geeignet erscheinen, […] die elenden Menschen im Irrtum
festzuhalten“). Er sieht in den Protestanten vor allem deshalb Feinde der Religion,
weil sie behaupteten, die heutige katholische Kirche hätte mit jener der ersten drei
Jahrhunderte nichts mehr gemeinsam : In Wirklichkeit habe sie sich, wie er auch mit
dogmenspezifischem Interesse feststellt, von ihren UrsprĂĽngen ĂĽberhaupt nicht ent-
fernt. Namentlich erwähnt er unter seinen wissenschaftlichen Gegnern u.a. Johann
Lorenz von Mosheim (1693–1755), einen als Begründer der modernen Kirchenge-
schichtsschreibung bekannt gewordenen aufgeklärten protestantischen Theologen
(BBKL 6, 196–204). Die vorhandenen Arbeiten (auch französische und italienische)
katholischer Verfasser unterzieht er einer kritischen Sichtung und beurteilt sie nach
MaĂźgabe ihrer Brauchbarkeit fĂĽr die deutsche Geschichte.
Fent will mit seinem in fünf Kapitel gegliederten (1. von den Anfängen bis Kon-
stantin dem GroĂźen, 2. bis Karl dem GroĂźen, 3. bis Papst Gregor VII., 4. bis
Martin Luther, 5. bis in die Gegenwart) Werk einen Beitrag zu einer pragmatischen
Kirchengeschichtsschreibung leisten. Darunter versteht er eine Art der Darstellung,
die nicht nur Fakten zur Kenntnis nimmt, sondern durch die MitberĂĽcksichtigung
kultureller, philosophischer, mentalitätsgeschichtlicher und sozialer Aspekte um-
fassende Epochenbilder entwirft ; auf diese Weise sollen dem Leser Bezugspunkte
vermittelt und somit unmittelbarer Nutzen gebracht werden.
In der an den Kirchengeschichtsschreiber gestellten Forderung nach wissen-
schaftlicher Vorbereitung auf höchstem Niveau unter besonderer Berücksichtigung
der Väterzeit dürfte die in Polling erfahrene Prägung durch Franz Töpsl nachge-
wirkt haben, der ebenfalls entsprechende Schwerpunkte gesetzt hatte und in seiner
historischen Tätigkeit von der französischen Schule der Mauriner beeinflusst war
(BBKL 12, 263–266). In seiner konservativen Grundhaltung konnte sich Fent teil-
weise an dem von ihm auch zustimmend erwähnten Heidelberger Lehrstuhlinhaber
für Kirchengeschichte Johannes Jung SJ (1746–1793) orientieren, der gleich ihm
einen exegetischen Schwerpunkt setzte und dem Studium der Kirchenväter sowie
dem Verständnis derselben im Laufe der Zeit großes Gewicht beimaß. Der Kir-
chengeschichte als Disziplin räumte Fent allerdings einen ungleich höheren Stel-
lenwert ein als Jung.
An der Universität Innsbruck lag die Kirchengeschichte seit 1803 in den Händen
des Andreas Benedikt Feilmoser (1777–1831) aus Hopfgarten (Brixental). Zunächst
Mönch in Fiecht, fühlte er sich seit der durch die bayerische Regierung verfügten
Klosteraufhebung nicht mehr als Mitglied des Konventes – wie er überhaupt den
Orden keinen positiven Wert zuerkannte. In dieser Haltung kommt eine betont
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322