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978 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Hauptgymnasium
Kataloge Eine narrative Schulgeschichtsschreibung ist in den ehemaligen Jesuitengym-
nasien zu finden : Im Archiv des Innsbrucker Jesuitenkollegs findet sich z.B. eine
anonyme Historia Caesarei Regii Archiducalis Gymnasii primarii Oenipontani („Ge-
schichte des kaiserlich-königlich-erzherzoglichen Hauptgymnasiums22 von Inns-
bruck“), die bis ins Jahr 1786 reicht und die Geschichte des Gymnasiums seit der
Aufhebung des Jesuitenordens 1773 detailgetreu erzählt. Entstanden ist das Werk
unter der Aufsicht von Anton von Sterzinger (1751–1809), der neben vielen an-
deren Ämtern seit 1779 Direktor des Gymnasiums war. Die Darstellungsweise ist
nach einer allgemeinen Einführung (mit einer bitteren Klage darüber, dass alle frü-
hen Dokumente zur Schulgeschichte bei der Ordensaufhebung verloren gegangen
seien) annalistisch, vermerkt penibel das Lehrpersonal, Änderungen bei den Lehr-
büchern und außergewöhnliche Ereignisse, etwa die Abschaffung der Prügelstrafe
1781 (44). Am Ende jedes Jahres findet sich der Vermerk vidi (17, 24, 27, 36, 42,
50, 57, 66, 71, 81 ; „ich habe es gesehen“) von Sterzinger, dessen Aufzeichnungen
(acta) immer wieder als Quelle angegeben werden. Durch die tiefgreifenden Verän-
derungen, die das österreichische Schulsystem gerade in den 70er- und 80er-Jahren
des 18. Jhs. durchmachte,23 ist diese stets kritische Darstellung durch einen Zeit-
zeugen besonders interessant. Bemerkenswert ist u.a. eine Notiz aus dem Jahr 1778
zur Einstellung des Theaterbetriebes (20) :
Quo loco theatrum steterat, ibi modo lanistae et gladiatores ; ludi enim scenici omnes cessarunt
et scenae a caesareo regio directore partim seminario sancti Nicolai, theatro imperiali aulico, ex
mandato excelsissimi gubernii praesidis etc. donatae sunt.
Wo sich einst das Theater befand, dort tummeln sich nun Fechtmeister und Fechter ; denn
es gibt überhaupt keine Theateraufführungen mehr, und die Bühnenausstattung wurde auf
Anweisung des Präsidenten des höchsten Guberniums usw. vom k.k. Direktor teils dem
Nikolaihaus, teils dem kaiserlichen Hoftheater geschenkt.
Doch auch bei den (Ex-)Jesuiten finden sich rhetorisch nicht ausgefeilte, techni-
sche Kataloge, z.B. der 91 Blatt umfassende Catalogus studiosorum in Collegio Jesu-
itico Tridentino ab anno 1742 ad 1778 et in Lyceo Tridentino ab anno 1779 ad 1807
(„Katalog der Studenten am Trientner Jesuitenkolleg von 1742 bis 1778 und am
22 Die Einteilung der österreichischen Gymnasien in drei Klassen erfolgte auf kaiserlichen Befehl im
Jahr 1777. Die dritte Klasse wurde wieder in erste und zweite Ordnung unterteilt. Das Innsbrucker
Gymnasium gehörte zur dritten Klasse erster Ordnung und durfte daher den Ehrentitel „Haupt-
gymnasium“ führen.
23 Es kam u.a. zu einer Neueinteilung der Gymnasien an sich (s.o.), zu einer Neustrukturierung der
einzelnen Gymnasialklassen und zur Einführung neuer Lehrbücher.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322