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Theologie 1001
gemäßigter
Rationalismus
Dogmatik für
Anfänger
Anton Alderik
Jäger
Schuld ignorieren könne (Kap. 3), und diskutiert Polytheismus und Idolatrie (Kap. 4).
Anschließend werden das Konzept des einen und dreieinigen Gottes (Kap. 5–6) sowie
Gottes simplicitas („Einfachheit“, d.h. rein geistige Ganzheit ohne Teile ; Kap. 7) erläutert.
Weitere Aspekte von Gottes Wesen sind Ewigkeit, Unveränderlichkeit und Unermesslich-
keit (Kap. 8). Die letzten Kapitel widmen sich Gottes eigener Erkenntnisweise (Kap. 9),
seinem Willen (Kap. 10), seinen moralischen Attributen (Kap. 11), seinem Verhältnis zu
den Geschöpfen (Kap. 12) und der göttlichen Vorsehung unter besonderer Berücksichti-
gung der Theodizee (Kap. 13).
Als Lehrbuchautor gibt Güntherode sich verglichen mit seinem sonstigen Auftre-
ten moderat : Sein Buch lässt einen recht gemäßigten Rationalismus erkennen. So
klingen z.B. die Ausführungen zu Zeit und Ewigkeit im Zusammenhang mit dem
Schöpfungsprozess (Kap. 12) zwar an Descartes an ; gleichzeitig geht Güntherode
aber auch auf Distanz zum großen Rationalisten, etwa wenn er betont, alles Ge-
schaffene sei auch nach der Schöpfung noch auf den Schöpfer angewiesen, dessen
permanentes Mitwirken darin bestehe, dass er dem Menschen seine Kräfte erhalte
– einschließlich jener, die ihm das Sündigen ermöglichten (Kap. 12, §§ 4–5). Ty-
pisch aufklärerisch wirken allerdings die abschließenden Gedanken zur Theodizee,
die der Idee der Glückseligkeit, wie das für diese Epoche charakteristisch ist, einen
hohen Stellenwert einräumen.
Dass Güntherode sich in der Tat an Philosophiestudenten wendet, die das Theo-
logiestudium noch vor sich haben, zeigt die Einfachheit seiner Ausführungen. Ein
gutes Beispiel hierfür bietet Kap. 9 über die göttliche Erkenntnis : Güntherode er-
läutert dort die im Gnadenstreit relevanten Begriffe scientia simplicis intelligentiae
und scientia visionis in einer Klarheit, für die man ihm nach Autoren wie Casimir
Grustner, Cajetan Franck und Albert Prack (vgl. hier S. 814–817) dankbar ist. Auf
viel mehr als Definitionen lässt er sich dabei allerdings von vornherein nicht ein.
Sobald er sich den schwierigen Problemen der scientia media nähert, stellt er lapidar
fest : Cuius litis decisionem aliis in altiori theologia constitutis peramanter relinquo. (S.
133 ; „Die Entscheidung in diesem Streit überlasse ich sehr gerne anderen, die in
der höheren Theologie zuhause sind.“)
Ein vehementer Gegner von Aufklärung und Josephinismus war der aus Inni-
chen stammende Wiltener Chorherr Anton Alderik Jäger OPraem (1746–1819),
der 1770–1800 an der Universität den Lehrstuhl für Dogmatik innehatte sowie
diverse Leitungs- und Verwaltungsfunktionen bekleidete. Er war schon als Student
mit einer Verteidigung des Immaculata-Eides gegen Vorbehalte Lodovico Antonio
Muratoris hervorgetreten und war 1781 in dieser Sache der Wortführer der Gegner
Karl Schwarzels (s.u.), weshalb er zwischenzeitlich sogar seiner Professur enthoben
wurde. 1788 erhielt er vom Brixner Ordinariat den Auftrag, die Vorlesungen der
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322