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Philosophie und Naturwissenschaft 1033
Leben und Werk
phie seit Descartes schreiben kann. Ähnliches geschah in unserer Epoche, als die
Aufklärung i.A., Kant und der Deutsche Idealismus im Besonderen die traditio-
nellen Begriffe von Subjekt und Wahrheit ins Wanken brachten. Angesichts die-
ses neuen Relativismus setzten einige konservativ gesinnte Ordensmänner zu einer
platonisch-augustinisch geprägten Behauptung christlicher Philosophie an, die von
der späteren Philosophiegeschichte in eine Entwicklungslinie mit dem Ontologis-
mus (vgl. hier S. 853) gestellt wurde. Johann Georg Lechleitner war der letzte die-
ser Ordensmänner, die gelegentlich auch unter dem Begriff einer „Tiroler Schule“
zusammengefasst werden. Es empfiehlt sich, den Begriff der „Tiroler Schule“ von
Lechleitner her aufzurollen, da er in der Rezeption seines Werks geprägt wurde.6
Johann Georg Lechleitner wurde 1764 in Serfaus geboren – sein Taufname war
Georg Franz, sein später angenommener Ordensname Johann Baptist ; die übliche
Form Johann Georg ist also eine Mischung aus diesen beiden Namen. Er besuchte
das Gymnasium in Innsbruck und studierte dort anschlieĂźend Philosophie und
Theologie. Lechleitners konservative Haltung kam schon während seines Philoso-
phiestudiums zum Ausdruck, als er sich mit sieben Mitstudenten bei der Universi-
tätsleitung gegen die Freigeistigkeit des 1784 auf die neue Kanzel für Philosophie be-
rufenen Franz Zinner beschwerte (vgl. Probst 1869, 228, 237 Anm. 1). Als Zögling
des Innsbrucker Generalseminars studierte Lechleitner dann unter dem aufgeklärten
Direktor Giovanni Battista Albertini, auf den eine ganze Reihe von Studenten mit
der Entwicklung ultramontaner Ansichten reagierte (vgl. Gelmi 1986, 136). Nach
seiner Priesterweihe 1790 wirkte Lechleitner zunächst an verschiedenen Orten als
Seelsorger und unterhielt schließlich eine Privatschule in Pfunds, in der er – als
Alternative zur öffentlichen Gymnasial- und Universitätsbildung – v.a. zukünftigen
Priestern Unterricht in Grammatik, Rhetorik und Philosophie erteilte. Die Tatsa-
che, dass Lechleitner an dieser von den Diözesen Brixen und Trient geförderten
Schule 60–70 Schüler pro Jahr hatte, zeigt, dass er ein begabter Lehrer gewesen sein
muss. Andererseits zog ihm der Betrieb dieser Anstalt 1797 aber auch eine Anzeige
des sogenannten Studien-Consesses der Universität Innsbruck zu, der sie als „Win-
kelschule“ bezeichnete und Missstände in der Ausbildung ortete (vgl. Probst 1869,
267–268). Lechleitners Entgegnung wurde 1798 vom Studien-Consess entkräftet.
Das scheint bei der zuständigen Stelle der Landesregierung Erfolg gehabt zu haben,
denn im selben Jahr sehen wir Lechleitner von Pfunds als Präfekt des Gymnasiums
nach Hall wechseln. Diese Position hatte er bis 1807 inne, wobei er bis 1804 zusätz-
lich Rhetorik unterrichtete. Als das Gymnasium unter der bayerischen Verwaltung
6 Vgl. zu Lechleitner Werner 1866, 340–341 ; ADB 18, 105 ; Album Stamsense 81–82 ; ÖBL 5, 74.
Die von Probst 1869 gegebenen und im Folgenden eingearbeiteten Hinweise blieben bisher unbe-
rĂĽcksichtigt.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322