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1114 Von der Revolution 1848 bis heute
Johann Baptist
Franzelin
Franz Schmid
Inspiration
der Bibel diesen Kindern eine gleichsam natürliche Seligkeit zuschreibt ; keiner könne we-
gen der Erbsünde ewiger Verdammnis unterworfen sein (432–433). In dieselbe
Richtung weist auch, was Noggler zur schwierigen Problematik der Prädestination
denkt : In der Gnadenlehre eine gewisse Sympathie fĂĽr den Molinismus ausdrĂĽ-
ckend, in dessen System freier Wille, Gnade, göttliches Vorauswissen und Prädes-
tination zusammenwirken (vgl. hier S. 813), aber auch der eklektischen Vorgangs-
weise der sogenannten Synkretisten manches abgewinnend (442–445), weist er bei
der Auseinandersetzung mit der reprobatio („Verurteilung der nicht Erwählten“)
mit seltener Entschiedenheit die Position zurĂĽck, Gott habe die betreffenden Per-
sonen vom Heil ausgeschlossen, bevor er ein Vergehen vorausgesehen habe (500).
Auch bemĂĽht er sich zu betonen, dass Gott niemandem das ewige Heil aus bloĂźem
Gutdünken vorenthalten habe (502–504). Nicht die Erbsünde, nur die von den
einzelnen Menschen begangenen SĂĽnden schlĂĽgen in dieser Hinsicht negativ zu
Buche (504).
Unter den Autoren, die Norbert Stock ausdrücklich als Bürgen für das zeitgenös-
sische, den Studenten zu vermittelnde Theologieverständnis nennt (Compendium,
V–VI), begegnet auch Johann Baptist Franzelin SJ (1816–1886). Mit diesem aus
Aldein stammenden Theologen erwähnt er einen der bedeutendsten Dogmatiker
der Zeit, der durch seine Ekklesiologie auch auf dem Vatikanischen Konzil eine
wichtige Rolle spielte (vgl. Walter 1987 ; BBKL 2, 112–113). Als sein bedeutends-
tes Werk gilt der Tractatus de divina traditione et scriptura („Abhandlung über die
göttliche Tradition und die Heilige Schrift“ ; Rom 1870), in welchem er die Kirche
als entscheidende Richtschnur fĂĽr die Auslegung der Heiligen Schrift bezeichnet.
Unter der Kirche versteht er dabei nicht nur die Institution, sondern auch das ge-
lebte Glaubenszeugnis.
Am Brixner Priesterseminar wurde Franzelins Gedankengut noch zu seinen Leb-
zeiten intensiv rezipiert, so beispielsweise von Franz Schmid (1844–1922) aus Te-
renten. Schmid wurde am Germanicum in Rom ausgebildet und 1872 zum Priester
geweiht. Am Brixner Priesterseminar dozierte er seit 1880 Dogmatik, seit 1883 phi-
losophische Propädeutik. Nach dem Tod von Bischof Franz Egger wurde er 1918
zum Kapitelvikar gewählt (Baur 1975, 58–59 ; Gelmi 1986, 228 ; 2007, 296).
Im Jahr 1885 veröffentlichte er in Brixen die Studie De inspirationis biblio-
rum vi et ratione („Autorität und Art der Inspiration der Bibel“).2 Im Vorwort
zu diesem Werk, das die Form eines Dialoges zwischen einem Gaius und einem
Sempronius aufweist, erklärt Schmid, er reagiere damit auf Unschärfen, die in
theologischen Arbeiten über die Autorität und Inspiration der Heiligen Schrift
2 Daneben sind von ihm noch zwei Solutiones casuum conferentialium („Lösungen von Konferential-
fällen“) zu erwähnen, die 1887 und 1894 in Brixen gedruckt wurden.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322