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1120 Von der Revolution 1848 bis heute
göttlicher und
menschlicher
Wille
âThomismusâ
versus Molinismus Dozenten der Philosophie und Theologie ausdrĂŒcklich vorschrieb, die Lehre des
Aquinaten heilig zu halten (Berger 2005, 142â143). Stufler tritt mit dem Anspruch
auf, Klarheit in die kontroverse Thomas-Interpretation zu bringen (4). Dabei lÀsst
er sich von folgendem Prinzip leiten (33) :
Unusquisque enim facile videbit ea, quae sanctus Thomas de operatione Dei in intellectu et
voluntate docuit, logica necessitate ex principiis eius generalibus fluere, quatenus videlicet haec
ad speciales materias applicantur.
Ein jeder nĂ€mlich wird leicht erkennen, dass sich das, was der Hl. Thomas ĂŒber das Wir-
ken Gottes im Intellekt und im Willen lehrt, logisch notwendig aus seinen allgemeinen
Prinzipien ergibt, soweit diese auf besondere GegenstÀnde angewandt werden.
Der Gegenstand, der Stufler am meisten beschÀftigt, ist dabei, wie erwÀhnt, die
Gnadenlehre. Entschieden weist er die im 19. Jh. als Thomismus bezeichnete Vor-
stellung von Dominikus Banez OP (vgl. hier S. 813) zurĂŒck, Gott nĂ€hme durch
die sogenannte praemotio physica (5 ; âvorgĂ€ngige physische Einwirkungâ) direkten
Einfluss auf das Handeln des Menschen (Coreth 1988, 397), um stattdessen sein
Konzept des concursus (175 ; âZusammenwirken [von Gott und Mensch]â) zu ent-
wickeln, innerhalb dessen er die inclinatio naturalis in bonum et finem ultimum
(177 ; ânatĂŒrliche Neigung [des Menschen] zum Guten und zum letzten Zielâ) zum
SchlĂŒsselbegriff erhebt. Der Part Gottes bestehe darin, dem Menschen das rechte
Ziel vor Augen zu fĂŒhren, welches dann zum Motor des Handelns werde ; das Han-
deln selbst sei aber frei (241â253). Das letzte Ziel, von dem Stufler spricht, ist dabei
der unmittelbare Anblick Gottes. Erreichbar sei es nur fĂŒr den, der sich im irdi-
schen Leben mithilfe der Gnade in die ĂŒberirdische Ordnung zu erheben vermöge :
Ein solcher Mensch quasi deificatur (325 ; âwird gleichsam wie Gottâ). In Gestalt
der theologischen Tugenden verfĂŒge er ĂŒber angeborene Haltungen, die zwischen
ihm und Gott vermittelten. Allerdings sei das Leben, auch das des Gerechten, ein
stĂ€ndiger Kampf gegen innere und Ă€uĂere Feinde des Heils, und diesen bestehe
nicht jeder in derselben Weise (327â333).
Stufler rĂŒckt die am meisten ins Gewicht fallende SchwĂ€che der âthomistischenâ
praemotio physica in den Blick, nÀmlich die Missachtung des Wesens des jeweiligen
Gegenstandes, ĂŒber den sie sich einfach erhebe. Thomas aber, so Stufler, unter-
scheide zwischen Gott als prima causa efficiens und der den Geschöpfen von ihm
verliehenen virtus causandi (401 ; âerste Ursache, die [das Sein] bewirktâ bzw. âFĂ€-
higkeit, [von sich aus Dinge] zu bewirkenâ) ; der Schöpfer bewege alle Dinge secun-
dum modum et conditionem eorum (413 ; âgemÀà ihrer jeweiligen Art und Beschaf-
fenheitâ). Einen â wenngleich nicht so gravierenden â Einwand hat er jedoch auch
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Ć ubariÄ
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der GrĂŒndung der UniversitĂ€t bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Ć ubariÄ) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Ć ubariÄ/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Ć ubariÄ) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂŒrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322