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1152 Von der Revolution 1848 bis heute
pragmatisches
Wissenschafts-
latein Zusammenfassung der betreffenden modernen Theorie (angesichts der Komplexität
des Stoffes keine geringe Leistung), eine Übersicht über die verschiedenen Meinun-
gen zum Thema, die Deklaration des Standpunkts, den der Autor einnimmt, eine
Reihe von Argumenten für diesen sowie mögliche Einwände samt Widerlegung.
Die inhaltliche Tendenz ist dabei harmonisierend. Fast immer gelangen die Auto-
ren zu dem Schluss, zwischen Aristoteles und Thomas auf der einen, den moder-
nen Naturwissenschaften auf der anderen Seite bestehe kein echter Widerspruch.
So fasst etwa Walker seine Diskussion des aristotelischen und des relativistischen
Raumbegriffs mit den Worten zusammen : Ut mihi videtur ergo, theoria moderna
Relativitatis, theoria Thermodynamica, et theoria Quantorum ad mentem Aristotelis
magis et magis accedunt. (De spatio, 8 ; „Meinem Dafürhalten nach nähern sich also
die moderne Relativitätstheorie, die Theorie der Thermodynamik und die Quan-
tentheorie mehr und mehr dem Geiste des Aristoteles an.“)
Sprachlich führen die Autoren eine Tradition fort, die neben dem Humanisten-
latein, das wir meist mit Nlat. tout court gleichsetzen, immer auch existiert hat und
die man als pragmatisches Wissenschaftslatein bezeichnen könnte (vgl. Leonhardt
2009, 218–219, 239–242). Sachliche Klarheit und Kürze des Ausdrucks haben Pri-
orität, klassische Normen sind zweitrangig. So werden z.B. moderne Fachausdrücke
auch dort in einem Wort übersetzt oder neugebildet, wo sich der Sachverhalt mit-
hilfe einer längeren Phrase ciceronianisch umschreiben ließe. Manchmal bleiben
sogar Modusregeln und consecutio temporum (die den Autoren bestimmt bestens
bekannt waren) außer Betracht. Dass sich in diesem Lat. höchst komplexe natur-
wissenschaftliche Erkenntnisse so gut wiedergeben lassen wie in jeder modernen
Fremdsprache, zeigt etwa der Beginn von Walkers Referat des Planck’schen Strah-
lungsgesetzes (De theoria, 9) :
Is pro fundamento hanc thesim posuit : corpuscula radiantia esse oscillatoria, quae lineari modo
oscillant, energiamque habere inter se distributam, non autem aequaliter, sed minutatim, quae
minuta elementa energetica vocantur quanta. Quod si cognoveris, qua ratione P quanta possint
inter N oscillatoria distribui, cognosces, quam sit probabile hanc potius quam illam distribu-
tionem obtinere. Quae enim minus probabiles distributiones, cedunt probabilioribus, et quae
probabiliores, iam factae, sunt etiam inter se constantiores et stabiliores.
Er [Max Planck] legte folgende These zugrunde : Es gebe in Schwingung befindliche strah-
lende Körperchen, die linear schwingen, und sie hätten ihre [Gesamt-]Energie unterein-
ander aufgeteilt, jedoch nicht gleichmäßig, sondern in kleinen Portionen ; diese winzigen
energetischen Einheiten heißen Quanten. Wenn man in Erfahrung bringt, auf welche
Weise P Quanten sich auf N Schwingungskörper verteilen können, wird man [auch] in
Erfahrung bringen, wie wahrscheinlich es ist, dass eher diese als jene Verteilung eintritt.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322