Seite - 73 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
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ungeberdigen Hengste auf die Flöße zu bringen und überzusetzen; das volle Verständniß
der Nausührer mußte daher aufgewendet werden, und im Schweiße ihres Angesichtes
hatten Alle für das Gelingen zu arbeiten.
Die weithin sichtbare, 368 Meter hoch gelegene Kirche des „Wetterkreuzes" über
dem Schlosse und Markte Hollenburg, das den Namen von der Annahme hat, daß sich
hier die Wetter theilen und entweder den Flußlauf verfolgen oder in das offene Land
ziehen, bildet den Schluß der romantischeil Stromfahrt. Hier ist eine bleibende aber
bewegliche Staffage das kleine Boot, das tagaus tagein, sobald nur irgend ein Fahrzeug in
Sicht kommt, vom Ufer bei Hollenburg abstoßt, an die Schiffswände anlegt und im
Klingelbeutel Almosen für das Kirchlein des „Wetterkreuzes" einsammelt. Von keinem
Fahrzeuge bleibt die milde Gabe versagt, nnd selbst die Dampfboote stoppen, um diesen
Tribut zu leisten, dessen Verweigerung von der Bemannung der Kelheimer, Obstschiffe
und Flöße als gefahrbringend für die Weiterfahrt betrachtet würde.
Wir paffiren die Einläuft des Kamp am linken und der Traisen am rechten Stromufer
und haben in dem zurückliegenden Traismauer das römische uä trieesimuin lupiäem
und weiter abwärts beim Einlaufe der Perfchliug ?irus tortus, bei Tullu (üomuFenu
erreicht. Einst Station einer Cohorte der Römer und eines Theiles ihrer Donauflottille,
besitzt diese Stadt eine» architektonischen Schatz in ihrer romanischen Dreikönigskapelle.
Über St. Andrä hinaus sind wir, wieder durch eine Einschnürung des Stromes,
zwischen der Ruine Greifenstein und der Beste Kreuzenstein, die Graf Hans Wilczek
als seinen Herrensitz restanriren läßt, in das Wiener Becken gekommen, das sich östlich
des Leopoldsberges und des Bisamberges eröffnet.
Das Wiener Becken.
Bor unmeßbaren Zeitläuften war der Boden von Wien Meeresgrund uud salzige
Fluten bedeckten weit und breit die Fluren, die uns heute im Frühliug mit ihrem lachenden
Grün entzücken. Nach der Hauptstadt des Reiches nennen wir dieses Land das Wiener
Becken. Über seine Grenzen hinaus stand dasselbe zwischen dem Rosalien- und Leitha-
gebirge durch offene Kanüle mit dem weit größeren Seebecken des ungarisch-steirischeu
Tieflandes in Verbindung, beide aber waren nur Theile jenes ausgedehnten Meeres, das
zur mitteltertiären Zeit über einen sehr großen Theil des heutigen Europa sich ausbreitete.
Das Wiener Becken im weitesten Sinne ninfaßt jenes große Gebiet, welches von Gloggnitz
an einerseits von den Ausläufern der Alpen und dem krystallinischen Centralmassiv von
Böhmen, anderseits vom Rosalien- und Leithagebirge, den oberungarischen Karpathen und
den Sudeten eingefaßt wird. Im Westen erstreckt es sich über St. Pölten nnd Melk im
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317