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man streut etwas Salz in die Flamme oder wirft Brodkrümchen hinein. Verschüttet man
beim Weintrinken einige Tropfen, so sagt man: „Das gehört für die armen Seelen."
Manche andere hieher gehörige Meinungen dürfen als bekannt vorausgesetzt werden.
In der bei jeder Gelegenheit sich kundgebenden Theilnahme an dem Schicksale der
dahingeschiedenen Verwandten nnd Freuude, wie der Mitmenschen überhaupt, prägt sich
eiu Zug edler, liebevoller Pietät im Leben unseres Volkes aus. Man redet fast niemals
von einem Verstorbenen, ohne beizufügen: „Gott tröst' ihn!" „Gott laß ihn selig rnh'n!"
„Gott hab' ihn selig!" — Träumt man von einem Todten, so betet man für ihn. Zahllos
sind die Gebete und Opfer, welche für die Seelen der Verstorbenen dargebracht werden,
nnd manche fromme, wohlthätige Stiftung, manch altehrwnrdiges Denkmal dankt auch iu
unserem Vaterlande seinen Ursprung dem pietätvollen Andenken an theure Verstorbene.
Volkstracht.
Das eigenthümlichste Volkscostüm Niederösterreichs, welches sich theilweise bis über
die Vierziger-Jahre erhalten hat, müssen wir entschieden im V. U. W. W., im Piesting- und
Triestingthale suchen. In diesen Gegenden hat fremder Einfluß am wenigsten eingewirkt.
Der Bauer trug dort schwarzen, haarigen Hut mit Sammtband und Schnalle,
darunter eiue weiß und roth gestreifte „Schlafhaube", deren Zipfel hinter dem rechten
Ohre herabhing, ein buntes Halstüchel, vorne einfach in einen Knoten geknüpft, ein Leibl
aus bunter Seide oder schwarzem Sammt mit zwei Reihen Knöpfe, darüber grüne Hosen-
träger, welche bei jüngeren Leuten an den Verbindungsstellen mit kleinen Goldeinsätzen
verziert waren. Die kurze Jacke mit Stehkragen und unten aufgeschlagenen, mit kleineu
schwarzen Lederstreifen besetzten Ärmeln war aus dunkelblauem Tuche, ebenso der mit ihr
abwechselnde lange Rock, an welchem man später die Hafteln mit Knöpfen vertanschte.
Das blane Fürtuch trug mau um die Lenden geschlungen. Die schwarze bocklederne Hose
lag eng an, die hohen Stiefel ans weichem Leder mit vielen kleinen Falten, besonders an
den Gelenken, wurden gewöhnlich nur bis an das Knie aufgezogen. Ältere Leute trugen
auch Schnallenschuhe und Strümpfe. Der schönste nnd werthvollste Festschmuck der
Bäuerin war die sogenannte „reiche Haube". Dieselbe bestand aus zwei Haupttheileu:
dem schirmartigen Vordertheile, welcher aus eiuem Drahtgestell gebildet und mit gegittertem
Goldflechtwerk überzogen war, nnd einem gewölbten Aufsätze mit Hochstickerei und herab-
hängenden geflochtenen Schnüren, beide gleichfalls aus Gold.
Weniger wohlhabende Bäuerinnen trngen die „Blendenhaube", der vorigen gleich-
geformt, doch aufgeputzt mit schwarzen Spitzen und Fliuserln: höchstens der „Gupf"
bestand aus Goldstickerei, oft auch dieser uicht. Je älter die Tracht, desto weiter ragte der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317