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© 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1/6 a, A-1080 Wien
https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
Einleitung
Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938
„Auch der Nationalsozialismus musste damit rechnen, daß eine funktionierende Vereins-
kultur schon aus ihrem Selbstverständnis heraus eine gegen jeden Obrigkeitsstaat gerich-
tete Selbständigkeit der Gesellschaft anstrebte. Der Zugriff des totalen Staates auf diese Ge-
sellschaft wäre gerade durch die Existenz unpolitischer Vereine in Frage gestellt worden.“103
Instrument dieser flächendeckenden Bereinigung war die genannte vom Reichskommis-
sar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich Josef Bürckel un-
mittelbar nach der Okkupation Österreichs am 18.3.1938 geschaffene Dienststelle des
Stillhalte kommissars für Vereine, Organisationen und Verbände [Stiko, Wien, Parla-
ment, dann Schottenring 25; 18.3.1938–30.11.1939].104 Sie hatte die Aufgabe, das un-
terhalb der Parteien der zivilgesellschaftlichen Selbstorganisation entspringende und trotz
der geschilderten ständestaatlichen Maßnahmen noch immer vielfältige Vereinswesen zu
zerschlagen bzw. politisch gleichzuschalten. Von den gegen 100.000 Vereinen und Verbän-
den wurden etwa 70.000 vom Stiko mit einem eingezogenen Vermögen von ca. 250 Mill.
RM) aufgelöst.105
Zur Zeit des Anschlusses im März 1938 existierten noch 92 literarische Gruppenbil-
dungen, über 85 entschied der Stiko wie folgt (siehe die anschließende Tabelle Literarische
Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945):
– 21 wurden freigestellt und vom RMVP und der NSDAP unter Kuratel genommen,
– acht wurden übergeführt entweder in einen deutschen Dachverband unter Verlust der
Rechtspersönlichkeit, in einen österreichischen Verein eingegliedert oder der Sitz wurde
nach Österreich verlegt
– wie im Falle der Paul-Ernst-Gesellschaft und
– 56 wurden aufgelöst und ihr Eigentum eingezogen.
Chronologie der Gleichschaltung literarischer Vereine etc. durch den Stiko:
13.3.1938 Verfügung Hitlers betreffend die bevollmächtigte Einsetzung Josef Bürckels
1. als Reorganisator der NSDAP Österreich, 2. als Beauftragter des Führers für die
Volksabstimmung in Österreich, und 3. bevollmächtigt, „alle Maßnahmen zu ergreifen
oder anzuordnen, die zur verantwortlichen Erfüllung des erteilten Auftrages erforderlich
sind“. Bürckel untersteht unmittelbar Hitler bzw. der Partei, er leitet keine staatliche
Behörde. Auf Ziffer 3 beruht die Vollmacht zur Einsetzung des Stiko.
103 Drobesch89, 181.
104 Wichtigste Literatur: Steiner62 – Denkler/Prümm76 – Rothkappl96 – Duizend-Jensen04 – Pawlowsky/
Leisch/Klösch04.
Archive: ÖStA/AdR (04 Stiko,Bürckel/Mat./1610/3–5; 04 Stiko 37 F6)
– BAB/BAK (R56V/58)
– NARA
(T580,Roll 949,Ord.47)
– BAB/BDC (RKK/RSK,PA Max Stebich).
Organ: Nachrichtenblatt des Stiko Nr. 1–44 v. 7.7.1938–28.11.1939 (BAB/BAK NSD 38 bzw. 40
– ÖStA/
AdR 04, Bürckel/Mat. 1600, Ktn. 13, 14).
105 Pawlowsky/Leisch/Klösch04, 287.
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Titel
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Untertitel
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Autor
- Uwe Baur
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Abmessungen
- 17.3 x 24.4 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271