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https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
1. Zensur und Förderung
Wolfgang Herrmann: Prinzipielles zur Säuberung der öffentlichen Büchereien. In: Börsenblatt (Leipzig)
100 (16.5.1933) H.112, 356–358. [=LHerrmann33]
• Quellen
Aigner71
– Barbian08
– Barbian93/95/10
– Börsenblatt
– Dahm93
– Faust83
– Schliebs83
– Seifert00
Der kurz nach den „Aktionen wider den undeutschen Geist“, den Bücherverbrennungen vom
10.5.1933, erschienene Aufsatz von Wolfgang Herrmann (1904–1944, Repräsentant des Verbandes
deutscher Volksbibliothekare) im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, vgl. zu dessen Gleichschal-
tung Barbian95, 115–127), enthält prinzipielle Erörterungen zum Verbot von Schriften in öffentli-
chen Büchereien Preußens sowie eine 131 AutorInnen und vier Anthologien enthaltende „Schwarze
Liste“ Schöne Literatur – diese ist das erste öffentliche und das einzige namentlich gezeichnete Ver-
zeichnis NS-Indizierungen in Deutschland, der amtliche Charakter der Liste wurde 1935 widerrufen
(Dahm93, 172). Die schlampig erstellte Liste verzeichnet entsprechend einer grundsätzlichen Er-
klärung des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung v. a. die sog. „As-
phaltliteratur, die vorwiegend für den großstädtischen Menschen geschrieben ist, um ihn in seiner
Beziehungslosigkeit zur Umwelt, zum Volk und zu jeder Gemeinschaft zu bestärken und völlig zu ent-
wurzeln“, den „intellektuellen Nihilismus“ und die „Kulturbolschewisten“, welche nach den Katego-
rien Vernichtung, Giftschrank und zweifelhafte Fälle klassifiziert werden und für die Ausleihe und den
Buchhandel zu sperren seien. Der Ausschließungsgrund „Jude“ wird wohl aus außen- und wirtschafts-
politischen Gründen vermieden, analog zur späteren Praxis der RSK bis Kriegsbeginn (LSUS35).
Dem Autodafé
– insgesamt zwölf Autoren, die bei der Bücherverbrennung die Hauptrolle gespielt hat-
ten und die noch durch jene erotischer Schmutz- und Schundliteratur sowie den „patriotischen Kitsch“
zu ergänzen seien
– sollten die Österreicher Arthur Holitscher und Egon Erwin Kisch anheimfallen,
zu den Auszusondernden zählen Richard Beer-Hoffmann, Max Brod, Rudolf Geist, Josef Hofbauer,
Gina Kaus, Maria Leitner (1892–1942), Alexander Lernet-Holenia, Robert Neumann, Josef Roth,
Arthur Schnitzler, Bertha von Suttner, Adrienne Thomas, Franz Carl Weiskopf, Franz Werfel und
Stefan Zweig. Komplementär seien
– in dieser Bestrebung weiß sich Herrmann eines Sinnes mit dem
KdK und dem gleichgeschalteten SDS – „weiße Listen“ zu erstellen, als solche sei das demnächst in
2.
Aufl. erscheinende Verzeichnis Der neue Nationalismus und seine Literatur von Herrmann gedacht.
Neben der Liste Schöne Literatur, wurden auch solche zu den Gebieten Politik und Staatswissen-
schaften, Geschichte, Literaturgeschichte, Kunst, Religion, Philosophie und Pädagogik erarbeitet, die
vor den Bücherverbrennungen von der Deutschen Studentenschaft verteilt, jedoch nicht gedruckt
wurden (Akten im Staatsarchiv Würzburg/Deutsche Studentenschaft 21 C 14/I n.e.
– vgl. auch Bar-
bian93, 142
f.).
Am 18.4.1933 war auf Anregung Joseph Goebbels’ vom Berliner Magistrat der Ausschuss zur Neu-
ordnung der Berliner Stadt- und Volksbibliotheken eingesetzt worden (Seifert00, 19), der die Vorarbeit
für die Liste Herrmann leistete, sie diente bereits ab 27.4. als Grundlage für die von der Deutschen
Studentenschaft geplanten gesamtdeutschen Bücherverbrennungen (Aigner71
– Faust83, 45) und ist
als Empfehlung konzipiert. Inwieweit sie amtlich wurde, ist unklar, die Billigung des RMVP hatte
sie nicht (Aigner71, 946, 1008) und der ohnehin schwache Buchhandel nahm sie mit gemischten
Gefühlen auf.
Der Berliner Ausschuss wurde nach den Bücherverbrennungen von einem Gremium abgelöst,
dem der Börsenverein, der KdK, das RMVP sowie Vertreter des Innenministeriums und Bibliothe-
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Titel
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Untertitel
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Autor
- Uwe Baur
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Abmessungen
- 17.3 x 24.4 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271