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© 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1/6 a, A-1080 Wien
https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
Österreichische Listen 1933–1938
Einleitung
Für die österreichischen AutorInnen, Verlage und Buchhandlungen hatte die „Machtübernahme“ Hit-
lers in Deutschland vehemente Folgen: Fast 90 % der nach Österreich importierten Bücher stammten
von deutschen Verlagen, fast 60 % der aus Österreich exportierten Bücher gingen ins „Dritte Reich“,
das 40 % der in Österreich verkauften Bücher stellte.4 Es bestand also eine gegenseitige Abhängigkeit
mit der Besonderheit, dass die österreichischen Verleger wegen des kleinen Binnenmarktes wesentlich
stärker von den Vorgängen im Nachbarstaat nach 1933 betroffen waren.
Die kulturpolitischen Angriffe der österreichischen NSDAP auf die republikanischen Grund-
freiheiten hatten eine lange Tradition, sie kristallisierten sich aber im Zeitraum der impulsgebenden
„Machtergreifung“ in Deutschland (30.1.1933) in zusammenfassenden Darstellungen und systemati-
schen Versuchen, das literarische System Österreichs zu spalten. Um den kulturpolitisch Verantwort-
lichen, den Lesern, Buchhändlern, Veranstaltern, Leihbüchereien, Lehrern ein richtungsweisendes
Instrument in die Hand zu geben, wurden – unter der Ägide des →Kampfbunds für deutsche Kultur
(bzw. seines Nachfolgers, der →Kulturgemeinschaft) – „schwarze“ und „weiße“ Listen zu unterdrü-
ckender bzw. empfohlener Literatur erstellt, die in den Bücherverbrennungen vom 10. Mai 1933
in Deutschland erstmals signifikant und radikal umgesetzt wurden. Die Spaltung des literarischen
Systems in Österreich wurde in enger und vielfältiger Kooperation zwischen den nationalsozialisti-
schen Institutionen Hitler-Deutschlands, den Österreichern in Deutschland und österreichischen
Institutionen betrieben. Sie bediente sich des Mittels der Unterminierung von Vereinen (z. B. →Österr.
P.E.N.-Club) und Verlagen,5 nach dem Verbot der NSDAP der Schaffung von getarnten Vereinen
durch das NSDAP-Landeskulturamt in der Phase der Illegalität, der Lancierung österreichischer Texte
in deutschen Periodika und Verlagen und in der kanon-demonstrierenden Anthologie, im Besonderen
jener, die in Deutschland zwischen 1933 und 1938 erschienen sind (siehe Einleitung Anthologien).
Wegen der Abhängigkeit der österreichischen AutorInnen vom deutschen Buchmarkt hatten
Einladungen zu deutschen Dichtertreffen – speziell zu den von der Nationalsozialistischen Kultur-
gemeinde (in Österreich Kulturgemeinschaft) zwischen 1934 und 1938 veranstalteten zehn Berliner
Dichterwochen – und deren Vorschlagslisten zu Lesereisen besondere Bedeutung für den Absatz
(→Vorschlagsliste für Dichterlesungen 1937/38). Die Verleihung von deutschen Literaturpreisen für
Österreicher hielt sich hingegen mit Ausnahme des Mozartpreises in sehr engen Grenzen.6
4 Hall85, I, 106
f.
5 Siehe Hall85, I, 262
ff.
6 Die Vergabe von Literaturpreisen wurde bereits von einer Mitarbeiterin des Projekts untersucht: Helga Strall-
hofer-Mitterbauer: NS-Literaturpreise für österreichische Autoren. Wien: Böhlau 1994; auf den Seiten 111–
115 Liste der Preisträger.
– Österreicher, die zwischen 1933 und vor 1938 deutsche Literaturpreise erhielten:
Hans Leifhelm (Lyrikpreis der Zeitschrift Die Dame, 1936), Hubert Mumelter (Erzählerpreis der Zeitschrift
die neue linie, 1934, 1937), Otto Maria Polley (Lyrikpreis der Zeitschrift Die Dame, 1934, Erzählerpreis der
Zeitschrift die neue linie, 1933), Carl Stephenson (Erzählerpreis der Zeitschrift die neue linie, 1937), Franz
Graf Zedtwitz („Hilf mit!“-Preis, 1936/37). Lediglich der höchstdotierte Mozartpreis, der für Künstler aus
Südtirol, Österreich und den Donaustaaten bestimmt war, ist samt seinen Preisträgern als spezifisch natio-
nalsozialistisch anzusprechen: Heinrich Srbik erhielt ihn 1935, Josef Weinheber 1936, Max Mell 1937 und
Franz Nabl 1938, 1939 Hans Kloepfer, 1940 Josef Wenter und 1941 Josef Nadler (Strallhofer94, 31
ff.)
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Titel
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Untertitel
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Autor
- Uwe Baur
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Abmessungen
- 17.3 x 24.4 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271