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© 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1/6 a, A-1080 Wien
https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
3. Anthologien 1933–1945
Einleitung
Die Anthologie im Nationalsozialismus
Zwei Jahre nach Kriegsbeginn plante die Reichsschrifttumskammer Steiermark die aufwän-
dige repräsentative Gau-Anthologie Ruf von der Grenze und lud auch den in Niederöster-
reich lebenden, aber aus Krain stammenden Erzähler Friedrich von Gagern zur Mitarbeit
ein. Seine ablehnende Reaktion auf das Schreiben des steirischen Landesleiters der RSK
Paul Anton Keller lässt an – damals seltener – verachtender Deutlichkeit nichts zu wün-
schen übrig:
Ihr Schreiben vom 3.3. ds. Js. habe ich heute erhalten:
– aber
– seien Sie mir nicht bös
–
wir sind ja Deutsche unter uns
– ich hab jetzt schon langsam eine ganz dicke Gall auf
diese ewigen Anthologien usw… Sehen Sie, es ist doch so: da steht man oft an einem ganz
dicken Block, hat mit aller Spannung und Sammlung zu hämmern und zu meißeln
–
und alleweil geht die Tür auf, und irgendwer will schon wieder irgendetwas für irgend-
soein vollkommen überflüssiges, ja sogar
– unserer Dichteransicht nach
– schädliches zu-
sammengehautes Sammelbüchel, bald die „Glocke“, bald „ewige Heimat“, bald „ewiges
Deutschland“, bald tausendjährige Ostmark, bald das, dann jenes … Heiliger Herrgott
von Straßburg, da fällt es manchmal wirklich schwer, den Fäustel nicht als Mjölnir zu
gebrauchen und gegen den Schädel des verruchten Almanachisten wirbeln zu lassen …
Es sieht nämlich nichts dabei heraus, für unsereiner; nichts als eine Verrammelung
des Büchermarktes mit unnützen und im Grunde wenig interessierenden Querschnitten,
nichts als eine Vergeudung des ohnehin knappen Papiers und der noch knapperen
Arbeitskräfte auf buchhändlerische Ueberflüssigkeiten und vor allem eine elende Zeit-
und Kraftverzettelung. Man müßt sich rein zerfieseln auf diese tschmeraunzenden
Blütensammler und hätt dann am Ende vor lauter Kleinspandlerei überhaupt nichts
Rechts geleistet. Dazu die Störung, die Unterbrechung jedesmal, die man auf sich nehmen
müßt; […] Wo man heutzutag ohnehin schon übergenug und viel zu viel bei seiner
Arbeit allseither bestierlt, bebohrt und bekrochen wird! … Ich mein halt, es sieht bei
dieser zusammengefochtenen Literatur nichts Ordentliches und Ersprießliches heraus fürs
deutsche Schrifttum selbst.
Ich könnte Ihnen, sehr geehrter Herr, das Alles natürlich auch viel glatter, distanzier-
ter, akademischer sagen. Aber gerade hier, auf ostmärkischem Boden, möchte ich in einer
mich schon seit Langem bewegenden Angelegenheit so reden, wie mir der Schnabel ge-
wachsen ist und wie vielleicht
– mit großem Ehrfurchtsabstand
– Beethoven es in seinem
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Titel
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Untertitel
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Autor
- Uwe Baur
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Abmessungen
- 17.3 x 24.4 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
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