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Radetzkymarsch
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Köpfe hängen und gedachten ihrer Manöver. Die ältlichen Frauen saßen im benachbarten Park, und ihre kleinen, grauen Köpfchen zitterten. Und es war Sommer. Ja, es war Sommer. Die alten Kastanien gegenüber dem Haus des Bezirkshauptmanns bewegten nur am Morgen und am Abend ihre dunkelgrünen, reich und breit belaubten Kronen. Tagsüber verharrten sie reglos, atmeten einen herben Atem aus und schickten ihre weiten, kühlen Schatten bis in die Mitte der Straße. Der Himmel war ständig blau. Unaufhörlich trillerten die unsichtbaren Lerchen über der stillen Stadt. Manchmal rollte über ihr holpriges Kopfsteinpflaster ein Fiaker, in dem ein Fremder saß, vom Bahnhof zum Hotel. Manchmal trappelten die Hufe des Zweigespanns, das Herrn von Winternigg spazierenführte, durch die breite Straße, von Norden nach Süden, vom Schloß des Gutsbesitzers zu seinem immensen Jagdrevier. Klein, alt und kümmerlich, ein gelbes Greislein in einer großen, gelben Decke und mit einem winzigen, verdorrten Gesicht, saß Herr von Winternigg in seiner Kalesche. Wie ein kümmerliches Stückchen Winter fuhr er durch den satten Sommer. Auf elastischen und lautlosen hohen Gummirädern, deren braun lackierte, zarte Speichen die Sonne spiegelten, rollte er geradewegs aus dem Bett zu seinem ländlichen Reichtum. Die großen, dunklen Wälder und die blonden grünen Förster harrten schon seiner. Die Bewohner der Stadt grüßten ihn. Er antwortete nicht. Unbewegt fuhr er durch ein Meer von Grüßen. Sein schwarzer Kutscher ragte steil in die Höhe, der Zylinder streifte fast die Kronen der Kastanien, die biegsame Peitsche streichelte die braunen Rücken der Rösser, und aus dem geschlossenen Munde des Kutschers kam in ganz bestimmten, regelmäßigen Abständen ein knallendes Schnalzen, lauter als das Hufgetrappel und ähnlich einem melodischen Flintenschuß. Um diese Zeit begannen die Ferien. Der fünfzehnjährige Sohn des Bezirkshauptmanns, Carl Joseph von Trotta, Schüler der Kavalleriekadettenschule in Mährisch-Weißkirchen, empfand seine Geburtsstadt als einen sommerlichen Ort; sie war die Heimat des Sommers wie seine eigene. Weihnachten und Ostern war er bei seinem Onkel eingeladen. Nach Hause kam er nur in den Sommerferien. Der Tag seiner Ankunft war immer ein Sonntag. Es geschah nach dem Willen seines Vaters, des Herrn Bezirkshauptmanns Franz Freiherrn von Trotta und Sipolje. Sommerferien hatten, mochten sie in der Anstalt an welchem Tag immer beginnen, zu Hause jedenfalls am Samstag anzubrechen. Am Sonntag hatte Herr von Trotta und Sipolje keinen Dienst. Den ganzen Vormittag von neun bis zwölf reservierte er für seinen Sohn. Pünktlich zehn Minuten vor neun, eine Viertelstunde nach der ersten Messe, stand der Junge in der 21
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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